Scharon:"Ein großer Knall, ein kleiner Schlaganfall und viele Fragezeichen"

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Der Regierungschef will seine politische Arbeit trotz gesundheitlicher Probleme "auf jeden Fall" fortsetzen. Medien fordern vehement Aufklärung über den Zustand des 77-Jährigen, der eine weitere Amtszeit anstrebt.

Israel hielt für einen Moment den Atem an: Ministerpräsident Ariel Scharon bewusstlos, als Notfall in ein Jerusalemer Krankenhaus gebracht. Sein Zustand habe sich auf dem Heimweg zu seiner Farm in der Negev-Wüste verschlechtert, wurden Vertraute zitiert.

Ariel Scharon. (Foto: Foto: AFP)

Scharon meldete sich nach seinem leichten Schlaganfall über den Armee-Hörfunk wieder zu Wort: "Ich habe vor, meine Arbeit auf jeden Fall fortzusetzen."

Sorge und Unklarheit hält an

Doch Israel sorgt sich auch am Montag um den Regierungschef, der sich im März bei vorgezogenen Parlamentswahlen um eine weitere Amtszeit bewerben will. "Ein großer Knall, ein kleiner Schlaganfall und viele Fragezeichen", beschreibt die Tageszeitung "Maariv" die Situation.

Israelische Medien fordern vollständige Aufklärung der Wähler über den Gesundheitszustand Scharons. Die Stellungnahmen, in denen von einem stabilen Zustand und weiteren Untersuchungen die Rede war, seien "einem Führer des Sowjetblocks angemessener, als dem gewählten Ministerpräsidenten einer westlichen Demokratie".

Scharon galt bisher als Inbegriff des Stehvermögens. Er hat den Abzug aus dem Gazastreifen gegen den Widerstand seiner eigenen Partei durchgesetzt und diese dann in einem Befreiungsschlag verlassen. Er schmiedete das neue Bündnis Kadima (Vorwärts), das nach bisherigen Umfragen aus dem Stand heraus stärkste politische Kraft werden könnte.

Zukunftshoffnung Scharon

Denn nach dem Amtsantritt 2001 wandelte Scharon in Israel sein Image vom "Bulldozer" zum Staatsmann. Der Ex-General, der am 26. Februar 1928 als Ariel Scheinerman in Kfar Malal nördlich von Tel Aviv geboren wurde, gilt nun vielen als einziger Politiker, der die strategischen Weichen für die Zukunft Israels zu stellen vermag.

"Scharon ist ein sehr gesunder Mann. Von Zeit zu Zeit erinnert er seine Freunde, vor allem aber seine Rivalen, wie hoch die Lebenserwartung in seiner Familie ist", schreibt der israelische Journalist Nahum Barnea. Scharon selbst hat über sich zu Jahresbeginn gesagt: "Ich weiß, dass meine gediegenen Gesundheitstests andere krank machen können." Anhänger und Gegner in Israel hoffen nun auf seine Genesung.

Denn Scharons neue Partei sei ohne ihre Führungsfigur das Papier nicht wert, auf dem ihre Gründung stehe, heißt es in einem Kommentar. Die konkurrierende Arbeitspartei als zweitstärkste Kraft werden mit Amir Perez von einem Mann geführt, der noch keine ausreichende Erfahrung habe.

Deshalb wird diskutiert, ob Scharons Kadima nicht zu sehr als Ein-Mann-Partei angelegt sei. Vertraute Scharons, die ihr politisches Schicksal blind mit ihm verknüpft haben, sorgten sich nun auch um die eigene Zukunft, berichtete der Armeesender.

Gegner diskutieren über Altersgrenze

Einige von Scharons Gegnern versuchen, politisches Kapital aus der gegenwärtigen Schwäche des Regierungschefs zu schlagen. Scharon sollte wegen seines Alters nicht in den kommenden Wahlen antreten", forderte der Likud-Abgeordnete Ajub Kara. Er will ein Gesetz einbringen, das eine Altersgrenze von 70 Jahren für die Kandidatur als Ministerpräsident festschreibt.

Boleslav Goldman, der Leibarzt Scharons, beschreibt den Zustand seines schwergewichtigen Patienten mit einem Augenzwinkern. "Was den Kampf gegen das Gewicht des Regierungschefs angeht, diesen gibt es seit 30 Jahren. Und ich hoffe, dass er weitere 30 Jahre andauert."

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