Scharm el Scheich:"Der schmerzlichste Tag meines Lebens"

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Fürchterliche Bilder im Krankenhaus von Scharm el Scheich - Leere und Trauer machen sich breit.

"Basta! Hört auf mit diesen Verbrechen!", will die zwölfjährige Veronica Lavacca aus Italien den Attentätern von Scharm el Scheich zurufen. Das Mädchen liegt mit Verbänden am rechten Fuß und der linken Wade im internationalen Krankenhaus des ägyptischen Badeorts am Roten Meer.

Ihr Bein schmerzt. "Die Ärzte sagen, dass die Wunde sehr tief ist", erzählt Veronica mit einem schwachen Lächeln. An die Bombenanschläge, die in der Nacht zum Samstag mindestens 88 Menschen getötet haben, will sie gar nicht denken.

Zu schlimm ist die Erinnerung an die Explosion, die sie aus dem Schlaf riss und verletzte. Sie kann nicht fassen, was aus ihrem friedlichen Familienurlaub im Luxushotel Ghazala Gardens geworden ist.

Die Terroranschläge suchten Scharm el Scheich mitten in der Hauptsaison heim, wenn Urlauber aus aller Welt zu Tausenden mit Charterflugzeugen anreisen, um in großzügigen Hotelanlagen zu entspannen, an endlosen Stränden in der Sonne zu braten oder in den bunten Korallenriffen zu tauchen.

Trümmerfeld

Mit der Idylle ist es jetzt vorbei: Teile von Scharm el Scheich gleichen einem kriegszerstörten Trümmerfeld. Schwer beschädigt steht das Ghazala-Gardens-Hotel da, das am Tag zuvor noch zu den schönsten Anlagen der Stadt zählte.

Mit grenzenloser Kaltblütigkeit raste ein Selbstmordattentäter mit einem Auto in die Hotel-Lobby und riss dutzende Menschen mit in den Tod. "Ich habe noch nie in meinem Leben so viele zerrissene Menschen und fürchterliche Wunden gesehen", sagt die 19-jährige Rabab.

Die zierliche Frau ist Krankenschwester in der internationalen Klinik. "Wir wussten nicht, wo wir anfangen sollen, ob wir zuerst die Menschen mit abgetrennten Gliedmaßen oder die mit Verbennungen behandeln sollen", berichtet sie.

"Ständig lieferten die Krankenwagen neue Opfer ein, die meisten von ihnen Ägypter." Es war eine fürchterliche Situation, die nach den Attentaten im Krankenhaus von Scharm el Scheich herrschte: "Manche Menschen waren wirklich am ganzen Körper verbrannt, sogar die Haare waren weg. Doch sie waren nicht tot, sie schrieen qualvoll", sagt Mahmud Abu Arab von der Intensivstation des Krankenhauses.

"Dieser Tag war der reinste Horror, der schmerzlichste Tag meines Lebens." Die Operationssäle seien ununterbrochen belegt gewesen. Die Ärzte mussten auf den Klinikfluren Erste Hilfe leisten.

Ali Salah, Mitarbeiter der Hilfsorganisation "Roter Halbmond", war bei den Rettungsarbeiten im zerbombten Hotel Ghazala Gardens dabei und beschreibt das erschütternde Bild der zerstörten Hotelrezeption: "Wir hatten zum Teil Schwierigkeiten, die Opfer aus den Trümmern herauszuziehen, weil die Verletzten zwischen großen Betonbrocken eingeklemmt waren. Andere waren verbrannt oder in Stücke gerissen."

Zurück bleiben die Einheimischen

Urlauber, die im Badeparadies Scharm el Scheich Erholung suchten, erlebten den schlimmsten Anschlag in Ägypten seit dem Attentat von Luxor 1997, bei dem 62 Menschen starben.

Viele, die nicht noch Verwandte oder Freunde im Krankenhaus haben, suchen nun so schnell wie möglich das Weite. Auch nach Deutschland kehrten erste Touristen zurück.

Zurück bleiben die Einheimischen - nicht nur mit leeren Hotels, sondern auch mit ihrer Angst und ihrer Trauer. Vor allem aus ihrer Mitte wurden dutzende unschuldige Menschen in den Tod gerissen, etwa bei der Explosion einer Autobombe auf dem Markt von Scharm el Scheich.

Dort war auch der Ägypter Wael Hamsa unterwegs, um seiner Frau ein Geschenk zum Hochzeitstag zu kaufen. Hamsa hatte Glück im Unglück und wurde von umherspritzendem Geröll am Unterarm und am Rücken nur leicht verletzt.

In der Nacht zum Sonntag ist er als einziger wach im Krankenhaus von Schwarm el Scheich. Die meisten Patienten sind unter dem Einfluss starker Medikamente eingeschlafen und schnarchen unter ihren teils blutbefleckten Laken.

Seine Frau, mit der er am Samstagabend feiern wollte, habe er angerufen, flüstert Hamsa. "Es geht mir gut, mach' Dir keine Sorgen", habe er zu ihr gesagt.

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