Sachsen:Luft für Minister Buttolo wird dünn

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Nach einer Kette von Pannen und Peinlichkeiten im Zusammenhang mit der Aktenaffäre wächst der Unmut über den sächsischen Innenminister Buttolo.

Christiane Kohl

Die Schwierigkeiten für Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) werden immer größer. Nach einer Kette von Pannen und Peinlichkeiten im Zusammenhang mit der Aktenaffäre des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) wächst in allen Parteien der Unmut über die schlechte Informationspolitik und das unprofessionelle Krisenmanagement des Innenministers.

Nachdem Vertreter der Oppositionsparteien den Minister bereits zum Rücktritt aufforderten und die SPD mit einer Koalitionskrise drohte, beantragte die Linksfraktion jetzt, der Landtag möge eine "förmliche Missbilligung" gegen Buttolo und seinen Kollegen aus dem Justizressort, Geert Mackenroth, aussprechen. FDP, Grüne und die Linksfraktion beantragten am Donnerstag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag.

Seit Wochen sorgt eine Datensammlung des Verfassungsschutzes zu möglichen kriminellen Netzwerken und Verquickungen zwischen Amtspersonen und dem Rotlichtmilieu in Sachsen für Schlagzeilen.

Versehentlich geschreddert

Dabei wurden immer neue Pannen offenbar. So hatte der Innenminister in der vorigen Woche einräumen müssen, dass 40 Ordner, die ursprünglich zu dem Aktenkonvolut gehörten, "versehentlich" geschreddert worden seien. Ein unwiederbringlicher Verlust von Daten, denn auch die Originale dieser Unterlagen, die aus Archivbeständen der Chemnitzer Justiz stammten, waren zwischenzeitlich vernichtet worden.

Buttolo hatte sich mit "menschlichem Versagen" herausgeredet: Die Aktenvernichtung sei aufgrund eines "Missverständnisses" geschehen, in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage betonte er, dass es lediglich "eine Aktenvernichtung" gegeben habe, nicht mehr.

Am späten Donnerstagabend mussten die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission jedoch feststellen, dass noch in drei weiteren Fällen Unterlagen vernichtet wurden. Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung lehnten sowohl das Innenministerium als auch der Sprecher des Landesamts zunächst eine Stellungnahme dazu ab: "Wir können nicht über jedes Zwischenergebnis an die Öffentlichkeit treten", sagte LfV-Sprecher Alrik Bauer zur Begründung.

Später ließ der Verfassungsschutz erklären, es handele sich um Zweitkopien staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsakten, nähere Einzelheiten würden geprüft.

Die zunehmende Nervosität im sächsischen Regierungslager dürfte auch mit dem Antrag auf einen Untersuchungsausschuss zusammenhängen, den alle drei Oppositionsparteien in seltener Einmütigkeit einbrachten. In dem 14 Seiten umfassenden Fragenkatalog wird eine umfassende Aufarbeitung einer Reihe von Delikten angesprochen, die sich vor allem in den ersten Jahren nach der Wende gehäuft hatten.

So sollen zahlreiche Immobilien-Schiebereien in größeren sächsischen Städten untersucht werden, auch Bestechung von Justizbeamten und Polizisten ist ein Thema. Überdies wollen die Abgeordneten herausfinden, wie es kommen konnte, dass die Aktensammlung des Verfassungsschutzes jahrelang den Strafermittlern vorenthalten wurde.

© SZ vom 29.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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