Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Chat:"Der Spaßwahlkampf gehört der Vergangenheit an"

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Die Vorsitzende und Spitzenkandidatin der FDP in Bayern stellt sich den Fragen der Internet-User. Nachfolgend das Transskript des Chats.

Moderator: Herzlich willkommen im tacheles.02-Chat. Die Chat-Reihe tacheles.02 ist ein Format von tagesschau.de und politik-digital.de und wird unterstützt von tagesspiegel.de und von sueddeutsche.de. Nach dem SPD-Spitzenkandidaten Franz Maget und CSU-Generalsekretär Thomas Goppel begrüße ich in unserem kleinen "Bayern-Special" vor der Landtagswahl heute die bayerische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie ist von München aus zugeschaltet und wird in den kommenden 60 Minuten Ihre Fragen beantworten.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Herzlich Grüß Gott zum heutigen Chat. Ich freue mich auf spannende Fragen zu allen Themen. Muss nicht nur Bayern sein.

Moderator: Eine aktuelle Frage vorneweg: Der bayerische SPD-Spitzenpolitiker Franz Maget ist nach Angaben von Innenminister Otto Schily als Anschlagsziel im Visier der in München verhafteten Neonazis gewesen. Die Gruppe hatte mit einer entsprechenden Ausspähung wohl bereits begonnen. Für wie bedrohlich erachten Sie als Spitzenpolitikerin die Gefahr von Rechts?

Leutheusser-Schnarrenberger: Die Neonazis sind in den vergangenen Monaten anscheinend zu wenig intensiv beobachtet worden, da der Schwerpunkt der Sicherheitsorgane beim Anti-Terrorkampf lag. Ich finde es erschreckend, wenn die letzten Tage des Wahlkampfes mit solchen Bedrohungen überlagert werden. Ich hoffe, dass mein Konkurrent Franz Maget nicht so im Fokus dieser widerlichen Neonazis steht.

ddd33: Was ist denn in München los? Haben die Neonazis in Bayern freie Bahn und ist Bayern nicht so sicher wie immer von Stoiber und Beckstein behauptet wird?

hr4h4: Hat Herr Beckstein das zu verantworten?

Leutheusser-Schnarrenberger: Freie Bahn haben Neonazis natürlich nicht. Aber das auch von Herrn Beckstein zu verantwortende Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens hat die rechtsextreme Szene wohl eher gestärkt.

Moderator: Ziehen Sie aus diesem Vorfall auch persönliche Konsequenzen für Ihre kommenden Wahlkampfauftritte? Sie gelten ja auch eher als links-liberal.

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich nehme die Kritik von Herrn Freitag, Chef der GdP, sehr ernst, dass die Kapazitäten der Polizei zur Beobachtung und zum Vorgehen gegen Neonazis und Skins nicht ausreichend seien. Dafür trägt der bayerische Innenminister die Verantwortung. Ich sehe mich nicht bedroht, habe keine Anhaltspunkte dafür. Ich werde die letzten Tage des Wahlkampfs deshalb nicht verändern.

jtrzher: Sonst fordert Herr Beckstein ja sehr schnell härtere Strafen und strengere Gesetze. Wäre das jetzt nicht auch angemessen, um gegen Gewalt von Rechts vorzugehen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Den Ruf nach schärferen Gesetzen halte ich wie Paul Spiegel für nicht begründet. Die Sicherheitsorgane haben die Möglichkeiten, "Verfassungsfeinde" zu beobachten und Informationen zu sammeln und auszuwerten. Diese Gesetze müssen aber konsequent angewendet werden, dafür braucht es ausreichend Personal, das anscheinend nicht zur Verfügung steht.

thfdh: Haben sie nicht selber Angst?

june_carter: Kann man denn hier von einer "Braunen Armee Fraktion" sprechen? Oder ist das auch Wahlkampfgetöse?

Leutheusser-Schnarrenberger: Zu thfdh: Ich habe keine Angst und ich will mir auch keine Angst machen lassen. Zu june: Ich halte es für nicht angebracht, mit dem Begriff "Braune Armee Fraktion" Parallelen zur RAF herzustellen. Das ist nicht vergleichbar. Was aber fehlt, ist eine viel intensivere Befassung in unserer Gesellschaft mit rechtsextremen und antisemitischen Bestrebungen. Da gibt es mehr Anhänger, als wir uns vorstellen können.

wefr3wq: Aber die FDP und die Möllemann Affäre hat den Rechten doch auch gezeigt, dass sie nicht mehr nur am Rand der Gesellschaft stehen?

Leutheusser-Schnarrenberger: In diesem Punkt können Sie FDP und Jürgen Möllemann nicht gleichsetzen. Aber vielleicht erinnern Sie sich, dass ich und die gesamte bayerische FDP sich sofort und unmissverständlich gegen den Flyer und die Diskussion davor gestellt haben.

Sally: Wozu braucht der Bayerische Landtag die FDP? Was fehlte in den letzten neun Jahren im Maximilianeum?

Leutheusser-Schnarrenberger: Es fehlte eine liberale Opposition, die die CSU zu mehr Marktwirtschaft und weniger Staatswirtschaft bringt und gleichzeitig die Grundrechte zum Gegenstand der Politik der inneren Liberalität macht. Das können nur die Liberalen. Und so aufregend war die Opposition in den letzten neun Jahren auch nicht!

Heinrich Haller: Mit welchem Ergebnis der bayerischen Landtagswahl wären Sie persönlich zufrieden?

Leutheusser-Schnarrenberger: Mit jedem Ergebnis über 5,0 Prozent.

doch: Sind wir Deutschen überhaupt für das Liberale geeignet? Auch in diesem Chat lese ich nur von Gesetzen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Natürlich sind die Deutschen für Freiheit und Verantwortung als liberale Prinzipien geeignet. Der Hang zu immer mehr und immer detaillierteren Gesetzen darf die Politik allerdings nicht so populistisch nachgeben.

mzumzt: Derzeit überlagern die Probleme im Bund die Landespolitik, finde ich. Sehen sie das auch so?

T.G.: Könnten Sie bitte einige Stichpunkte zu den Inhalten im bayerischen Wahlkampf sagen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Zu mzumzt: Ja, das sehe ich genauso und das ist ja auch nahe liegend angesichts der überfälligen Entscheidungen in Berlin. ZU TG: Das Landtagswahlthema gibt es - leider - nicht. Wirtschaftliches Gefälle von Süd- nach Nordbayern, fehlende Betreuungsplätze für Kinder, mehr Investitionen in Schulen und eine mögliche Änderung des Polizeiaufgabengesetzes spielen in fast allen Veranstaltungen auch eine Rolle.

rosenheimer: Die wirtschaftspolitische Bilanz der CSU in Bayern ist im Bundesvergleich relativ gut. Wer FDP wählt, wählt häufig aus wirtschaftspolitischen Gründen. Was würde die FDP in der Wirtschaftspolitik auf Landesebene in Bayern anders/besser machen als die CSU?

Leutheusser-Schnarrenberger: Die FDP wird im Landtag beantragen,...

mmmmmh: Wenn sie denn hineinkommt....

Leutheusser-Schnarrenberger: ...dass der Freistaat Bayern seine Beteiligungen an e.on, am Hofbräuhaus und vielen Dienstleistungsunternehmen aufgibt und damit Spielraum für Investitionen in Bildung schafft. Weiter wollen wir eine lineare Kürzung der Subventionen um zehn Prozent, um dann einen Einstieg in einen gezielten Subventionsabbau zu haben. Die Steuergelder dürfen nicht wie in der Vergangenheit für Prestigeobjekte und Kirch-Beteiligungen falsch verwandt werden.

wetfgr: Was sagen sie zu Stoibers Vorschlägen zur Gemeindefinanzreform? Die SPD sagt, dass sei Mist.

Leutheusser-Schnarrenberger: Außer einem Kurzzeitprogramm hat Stoiber keine konkreten Vorschläge zur Zukunft der Gemeindefinanzen gemacht. Er will die Gewerbesteuer erhalten, aber nicht inhaltlich verändern. Das ist Murks.

june_carter: Sie bemängeln den Hang zum Populismus. Wie klappt dann die Zusammenarbeit mit Herrn Westerwelle, der auf jeder Welle - sei es "Spaßgesellschaft", sei es "neue Ernsthaftigkeit"- mitschwimmt?

Leutheusser-Schnarrenberger: Der Spaßwahlkampf gehört der Vergangenheit an. Die "Mobils" haben wir an Maget und Stoiber abgetreten, die Strategie nach einer Analyse des Bundestagswahlkampfes zu ändern, ist für mich nicht Populismus, sondern Einsicht in Fehler.

leftover: Warum schaffte es die FDP nicht mal den Leuten klarzumachen, das Bayern längst nicht so gut dasteht, wie die CSU das darstellt. Ein bisschen mehr Negativ-Kampagne könnte schon sein, oder?

Leutheusser-Schnarrenberger: Meine Erfahrung im Wahlkampf ist, dass die Bürger nicht in erster Linie wissen wollen, was die anderen alles falsch machen, sondern alternative Konzepte hören wollen. Deshalb kann man nur mit konkreten Vorschlägen auch Schwächen der CSU kritisieren. Nur madig machen bringt keine Wählerstimme. Können Sie sich noch an die Amigo-Affären erinnern? Sie haben der CSU damals nicht geschadet.

lutz: Stellen Sie der FDP nicht ein Armutszeugnis aus, wenn Sie die Partei zum bloßen Instrument degradieren, das eine Zweidrittelmehrheit in Bayern verhindern soll?

Leutheusser-Schnarrenberger: Das tun wir gerade nicht. Wir haben die ganzen Wochen im Wahlkampf konkrete Aussagen plakatiert. In der Endphase des Wahlkampfes und vor dem Hintergrund der Umfragen ist es aber auch richtig, deutlich zu machen, dass nur eine vierte Kraft im Landtag, die FDP, eine Zweidrittelmehrheit der CSU-Mandate verhindern kann.

jhguguz: "Wir haben unsere Partei so mobilisiert, wie das in den vergangenen Jahren nie der Fall war", haben Sie vor kurzem zum Wahlkampf in Bayern gegenüber der Welt gesagt. Was haben Sie gegenüber früher anders gemacht?

Leutheusser-Schnarrenberger: Dieses strategische Argument gehört auch in einen Wahlkampf. Die FDP hat erstmals flächendeckend in jedem Stimmkreis Kandidaten /-innen aufgestellt. Wie außer uns nur die CSU und ÖDP. Weiter haben wir eine einheitliche Wahlkampagne und erstmals eine ziemlich bekannte Spitzenkandidatin. Zu allen landespolitischen Themen beziehen wir klar Position. Und noch nie war der Wahlkampf flächendeckend so intensiv und mit so viel Unterstützung der Bundespartei geführt worden.

loren: Wer aber kennt die konkreten Konzepte der FDP? Sie wurden ins Rennen geschickt, weil Sie bekannt sind. Inhalte der FDP sind kaum bekannt und das Bedürfnis der Wähler, Sie zu kennen scheint äußerst gering. Gegenmaßnahmen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Das Bedürfnis der Wähler nach FDP-Inhalten ist entgegen Ihrer Einschätzung sehr groß. Selten war die Nachfrage nach Programmen, der Zugriff auf unsere Internetseite, und der Besuch in Veranstaltungen so groß wie dieses Mal. Ich bin nicht geschickt worden, sondern habe mich gerne zur Verfügung gestellt, um der FDP ein klares inhaltliches Profil zu geben.

Katarina Mau: Sind Sie nicht nur das Zugpferd, mit dessen Hilfe die FDP in Bayern wieder in den Landtag will, das aber im Erfolgsfall zurück in die Bundespolitik gehen wird?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich möchte ab dem 22. September FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag sein.

rfjhj: Stehen sie zu Deutschland als Einwanderungsland?

Leutheusser-Schnarrenberger: Deutschland ist seit vielen Jahren ein Einwanderungsland. Das hat inzwischen ja sogar die CDU eingesehen, auch wenn sie das Wort sehr ungern ausspricht. Die FDP war die erste Fraktion im Bundestag, die einen Gesetzentwurf zur Zuwanderung eingebracht hat.

ewqewe: Umweltpolitik: Was sagen sie zum Chaos beim Dosenpfand?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich kaufe nur noch Mehrwegflaschen, denn das Chaos mit dem Dosenpfand beherrsche ich nicht.

rhtzrh: Sind sie für die Kopfpauschale oder Bürgerversicherung?

wanderer: Wieso keift ihr Westerwelle denn so gegen die Bürgerversicherung. Wenn es beim Grünen-Vorschlag bliebt, den Arbeitgeber-Beitrag einzufrieren, kommt ihre Klientel doch gut weg.

Leutheusser-Schnarrenberger: Die Bürgerversicherung ist der Zwang aller Bürger zu einer Einheitsversicherung und schafft keine strukturellen Veränderungen im Gesundheitswesen. Die Einnahmeseite würde mit der Bürgerversicherung verbessert, die Ausgabenseite massiv ansteigen. An den Grundsatzproblemen des Gesundheitswesens wird dadurch kaum etwas geändert.

Zu wanderer: Die FDP hat sich schon vor Jahren für ein Festschreiben des Arbeitgeberanteils ausgesprochen, nicht aus Klientelgründen, sondern zur Senkung der Arbeitskosten. Das alleine ist aber auch keine Reform des Gesundheitswesens.

rut hermann: Wie sieht dann ihr konkreter Gegenentwurf aus?

Leutheusser-Schnarrenberger: Als erstes muss das Kostenerstattungsprinzip mit deutlicher Entbürokratisierung eingeführt werden. Dann weiß der Patient endlich, welche medizinischen Leistungen erbracht worden sind. Diese Transparenz im System, die sehr schnell eingeführt werden könnte, hätte nach Einschätzung von Experten ein Einsparvolumen von bis zu eine Mrd. Euro! Wir brauchen im Gesundheitssystem mehr Wettbewerb, auch bei den Tarifen der ca. 350 gesetzlichen Krankenversicherungen. Letztlich wird das System dahin gehen, die medizinische Grundversorgung sicher zu stellen und zusätzliche Absicherungen vom Versicherten verlangen. Alles andere ist meiner Einschätzung nach unrealistisch.

stereolab: Aber die Bürgerversicherung würde doch ein gewisses Maß an Sicherheit schaffen. oder wollen sie amerikanische Verhältnisse, wo man als schlecht versicherter auf der Verliererseite steht?

Leutheusser-Schnarrenberger: Bürgerversicherung oder amerikanische Verhältnisse, die ein gesetzliches Gesundheitssystem gar nicht kennen, sind nicht der Gegensatz, sondern Einheitsversicherung oder Wettbewerb auch mit Elementen der sogenannten Kopfpauschale sind die Alternativen, über die wir uns noch viel Gedanken machen müssen. Ich halte beide Vorschläge noch nicht für vollkommen ausgereift und ausdiskutiert.

äh?: Frau Leutheusser-Schnarrenberger, fürchten Sie, dass Ihr bundespolitischer Einfluss durch Ihr Bayern-Engagement geschmälert wird? Und wenn nicht, dann warum nicht?

Leutheusser-Schnarrenberger: Durch mein Bayern-Engagement wird mein bundespolitisches Standing gestärkt. Mir ist es gelungen, die bayerische FDP aus ihrem Tief rauszuführen. Das wird sich in den nächsten Jahren auswirken, unabhängig davon ob wir 150 Prozent oder 200 Prozent mehr haben am 21.9.2003.

gamsbart: Sie haben betont, dass die FDP im Wahlkampf "nicht in feinen Hotels tagt, sondern dort, wohin die Menschen kommen, in den traditionellen Bierkellern und Festzelten." Weshalb muss sich die FDP unbedingt volksnah zeigen? Wir brauchen doch Visionäre und keine Politiker von nebenan.

Leutheusser-Schnarrenberger: Ein Politiker im Bierkeller ist bzw. kann sehr wohl auch ein Visionär sein. Oder meinen Sie etwa, dass in Biergärten oder Festzelten nur Menschen sind, die nicht reflektieren? rut hermann: Wenn Sie ehrlich sind, ist ein Einzug der FDP in den Landtag nicht sehr wahrscheinlich. Welches Amt auf Bundesebene würde Sie denn prinzipiell noch interessieren?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich widerspreche Ihnen aus tiefer Überzeugung: Dieses Mal schafft es die FDP in den Landtag. Spekulationen über irgendwelche Posten sind wirklich fehlangebracht.

Moderator: Kommen wir zur Debatte um die Nachfolge von Bundespräsident Rau.

Liberale: In der Debatte um die Frage nach einem Nachfolger für Rau als Bundespräsident sprachen Sie von einem "widerlichen Spielchen", das die SPD führe, indem sie Süssmuth als geeignete Kandidatin vorschlägt. Was spricht dagegen eine qualifizierte Kandidatin über Parteigrenzen hinweg zu empfehlen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Wenn SPD und Grüne tatsächlich eine CDU - Kandidatin vorschlagen würden, wäre es eine reine Instrumentalisierung und der vordergründige Versuch, die CDU/CSU in die Defensive zu bringen. Als die SPD einen Bundespräsidenten hätte durchsetzen können, hat sie keine Frau vorgeschlagen. Ich fände es sehr gut , wenn zum richtigen Zeitpunkt im Herbst die Bürger sich mit einem Vorschlag einbringen würden. Die jetzige Personendebatte birgt nur die Gefahr in sich, das Persönlichkeiten "zerredet" werden.

linke: Wäre für Sie eine Einigung mit der SPD bei der Wahl des Bundespräsidenten / der Bundespräsidentin denkbar?

Leutheusser-Schnarrenberger: Die FDP sollte sich jetzt nicht festlegen und wirklich ihre Entscheidung an der Persönlichkeit eines Kandidaten oder einer Kandidatin festmachen. Deshalb begebe ich mich anders als SPD und Grüne nicht in irgendein Lager.

durchschaut: Wer wäre Ihrer Meinung der qualifizierteste Anwärter für dieses Amt?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ich habe derzeit keinen persönlichen Kandidaten und werde mich hüten, ins Gespräch gebrachte Persönlichkeiten öffentlich zu bewerten.

TERRY: Nervt Sie eigentlich die Tatsache, dass Frauen für politische Ämter häufig vorgeschlagen werden, wenn die Wahrscheinlichkeit zu ausreichenden Mehrheiten gering ist?

Leutheusser-Schnarrenberger: Ja, das nervt. Und es zeigt, dass Bundeskanzler Schröder sich bei seiner Bemerkung zum "Gedöns" nicht versprochen hat. Damit meinte er Frauen-, Familien- und Jugendfragen!

Viktor katz: Würde Sie das Amt des Bundespräsidenten reizen?

Leutheusser-Schnarrenberger: Jetzt antworte ich staatstragend: Wie Joseph Fischer zu ähnlichen Fragen: "Vergiss es!"

Moderator: Und damit zurück nach Bayern:

Herr Macher: Thomas Goppel sagte bei politik-digital im Chat, die Zweidrittelmehrheit verändere die politische Landschaft in Bayern nicht. Sie argumentieren, die FDP sei da, um diese Mehrheit zu verhindern. Warum eigentlich?

Leutheusser-Schnarrenberger: Die CSU hätte dann eine verfassungsändernde Mehrheit und wäre auf keinen Kompromiss im Landtag angewiesen. Aber was mich besonders beunruhigt, ist die Erstarrung unserer Demokratie und ein Verlust an politischer Kultur. Denn wenn eine CSU mit Zweidrittelmehrheit sich um keine andere Partei und damit auch um keine anderen Argumente mehr kümmern muss, wird das viele Bürger erst recht von der Politik fern halten.

Fide: Benachteiligt das Wahlsystem nicht die FDP, da den meisten Wählern nicht klar sein dürfte, dass entgegen der Bundestagswahl die Erststimme Einfluss auf die Sitzverteilung und die fünf Prozent Hürde hat?

Leutheusser-Schnarrenberger: Das ist die beste Frage, zum Schluss: Die FDP braucht natürlich beide Stimmen, die Erst- und Zweitstimme, damit sie die fünf Prozent schafft. Und diese beiden Stimmen werden zusammengezählt, anders als bei der Bundestagswahl. Das kann man gar nicht oft genug sagen.

Moderator: Liebe Chatter, Liebe Frau Leutheusser-Schnarrenberger, die Stunde ist fast vorbei. Eine letzte recht allgemeine Frage:

äh?: Was gehört Ihrer Meinung nach zu einem "Liberalen"? Über welche Qualitäten sprechen wir?

Leutheusser-Schnarrenberger: Toleranz in allen Lebenslagen, Engagement für Minderheiten, denn Grundrechte gelten für alle, und Politik mit Vernunft und Sachverstand an Stelle von Populismus und Opportunismus.

Moderator: Liebe Gäste, die Stunde ist vorbei, herzlichen Dank für Ihr Interesse und die vielen Fragen. Vielen Dank, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, dass Sie unseren Usern zur Verfügung standen.

Leutheusser-Schnarrenberger: Ein herzliches Servus und vergesst bitte die FDP am 21.9. nicht. Mir hat es viel Spaß gemacht.

Moderator: Am kommenden Donnerstag ist die Landesvorsitzende der Grünen in Bayern, Margarete Bause, von 18.00 bis 19.00 zu Gast im tacheles.02 Live-Chat. Das tacheles.02-Team wünscht allen Beteiligten noch einen schönen Abend!

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