Saar-SPD in Wahlkampf-Not:Empfindlich gestört

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Als ob die Ausgangslage für den saarländische SPD-Spitzenkandidaten Heiko Maas nicht schon schwer genug wäre, muss er sich nun auch noch mit dem notorischen Querdenker Oskar Lafontaine herumschlagen, der einigen Teilen des Landesverbandes immer noch als unzerstörbares Idol gilt.

Von Detlef Esslinger

Der Spitzenkandidat wusste von dem Auftritt im Spiegel nichts. Er erfuhr davon am Samstag, als die Nachrichtenagenturen meldeten, Oskar Lafontaine habe im Interview den Rücktritt Gerhard Schröders als Bundeskanzler gefordert. Heiko Maas, der SPD-Herausforderer bei der saarländischen Landtagswahl am 5. September, war vom großen Meister nicht vorgewarnt worden.

Ihm bleibt die Aufgabe, die Folgen zu bewältigen. "Das war kontraproduktiv", erklärt Maas und versucht eine Art Drohung. Die Basis der Zusammenarbeit könne nur das Engagement "in der SPD" sein. "Wer diese Basis verlässt, verlässt auch den gemeinsamen Weg."

Der 38-Jährige führt ohnehin einen Wahlkampf unter schwerstmöglichen Umständen. CDU-Ministerpräsident Peter Müller ist dermaßen populär, dass jeder Gegner schon in normalen Zeiten hart zu kämpfen hätte. Maas aber muss zu einer Zeit antreten, da SPD-Siege von vornherein eine Sensation wären. Untereinander reden Kandidaten der Partei längst nicht mehr vom Regierungswechsel als Wahlziel, sondern von einem "akzeptablen" Ergebnis.

Maas' Ziel war es, Bundespolitik aus dem Wahlkampf möglichst herauszuhalten. In der Diskussion über Hartz IV kann die SPD nichts gewinnen; also wollte er die Lage des Saarlands zum Thema machen.

Haushalt, Bergbau und Industrie, Schule - er wollte dem Amtsinhaber flächendeckend Versagen vorwerfen und damit in die Zeitungen kommen. Jetzt berichten die Medien mehr über die Saar-SPD, als sie vor einer Woche noch für möglich gehalten hätte.

Unzerstörbares Idol

Manchen gelingt es kaum, sich zu beherrschen. Roland Henz zum Beispiel, dem vor zwei Monaten, bei der OB-Wahl in Saarlouis, das derzeit scheinbar Unmögliche gelang: als SPD-Herausforderer einen CDU-Amtsinhaber zu schlagen. "Wir befinden uns vier Wochen vor einer Wahl", ruft er aus, "da ist der politische Gegner doch nicht der Schröder!" Er schätze Lafontaine für dessen Verdienste. Aber der Mann sei lange genug dabei, sagt Henz, um zu wissen, "dass man so einen Scheiß nicht macht".

Die Diskussion um die Bürgerversicherung, um Erbschaft- und Vermögensteuer, eine "sozial ausgewogenere Politik" also - das sei auch ein Erfolg der Saar-SPD. Den lohne es sich zu propagieren. Stattdessen habe Lafontaine das Team um Heiko Maas "empfindlich gestört".

Allerdings: Man würde das Stimmungsbild im Landesverband nicht korrekt wiedergeben, berichtete man nur von Entrüstung. Nach wie vor gibt es eine Reihe von Genossen, deren Heldenbild des früheren Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden unzerstörbar ist. "Das zeigt doch nur, wie verzweifelt er über den Zustand der Partei ist", sagt die Saarbrücker Landtagsabgeordnete Isolde Ries.

Bei ihr wird Lafontaine kommende Woche seinen nächsten Auftritt haben. Zugegeben, sagt Ries, Lafontaine habe es auch seinen Freunden nie leicht gemacht und eine Drohung sei keine Hilfe. Aber Schröder? Der habe geschafft, dass ganz Deutschland schwarz werde.

Wie viele Kandidaten der SPD berichtet Ries von der Erfahrung, im Wahlkampf über Schule und Kindergärten reden zu wollen, "damit aber nicht durchzukommen". So beherrschend sei die Bundespolitik. Eugen Roth, DGB-Chef an der Saar und von Maas als Arbeitsminister vorgesehen, berichtet am Dienstag, gerade erst sei er wieder in einem Betrieb gewesen.

Zu Lafontaine sei der Kommentar der Arbeiter gewesen: "Gut, dass es nochmal einer gesagt hat." Roth findet, die Rücktrittsforderung an Schröder sei immerhin ein Knaller gewesen. Er habe auch schon überlegt, dies zu fordern. "Aber, ehrlich gesagt", fügt Roth an, der auch Vizechef der Saar-SPD ist, "ich hab' mich nicht getraut."

© SZ vom 11.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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