Russland und USA:Auge um Auge

Lesezeit: 2 min

Die Diplomatiekrise zwischen Moskau und Washington verschärft sich. Inmitten der Spannungen tritt der neue russische Botschafter seinen Dienst an - ein Falke.

Von Julian Hans, Moskau

Inmitten der Spannungen tritt der neue russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, seinen Dienst an. Der 62-jährige Karrierediplomat gilt in Moskau als Falke. (Foto: Ivan Sekretarev/AP)

Obwohl in den vergangenen Wochen keine neuen inhaltlichen Konflikte zwischen Russland und den USA aufgetreten sind, nimmt der diplomatische Schlagabtausch zwischen Washington und Moskau weiter Fahrt auf. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte am Freitag eine entschiedene Antwort auf die tags zuvor von der US-Regierung angeordnete Schließung des russischen Konsulats in San Francisco an. "Natürlich werden wir hart reagieren auf diese Dinge, die uns schaden und von dem Wunsch getragen sind, unsere Beziehungen zu den USA zu beschädigen", sagte Lawrow bei einer Rede an der renommierten Diplomatenschule MGIMO.

Das Außenministerium in Washington hatte am Donnerstag verfügt, dass die Russische Föderation ihr Konsulat in San Francisco sowie zwei Handelsvertretungen in New York und Washington innerhalb von 48 Stunden schließen muss. Dies sei eine Reaktion auf die Ende Juli von Präsident Wladimir Putin verfügte Reduktion des Personals an US-Vertretungen in Russland, hieß es in Washington.

Am 1. September war die Frist ausgelaufen, die Russland den USA gesetzt hatte, um die Zahl der Mitarbeiter in Botschaft und Konsulaten auf 455 zu reduzieren. 755 Angestellte mussten gehen. Die Amerikaner stoppten daraufhin vorübergehend die Visa-Vergabe. Von September an können Touristen- und Geschäftsvisa nur noch bei der Botschaft in Moskau beantragt werden. Die Generalkonsulate in Sankt Petersburg, Jekaterinburg und Wladiwostok bearbeiten keine Anträge mehr.

Lawrow machte die Regierung von Ex-Präsident Barack Obama dafür verantwortlich, die Spirale aus Sanktionen und Gegensanktionen in Gang gesetzt zu haben. "Diese ganze Geschichte ist von der Obama-Regierung ausgegangen, um den russisch-amerikanischen Beziehungen zu schaden", sagte er. Um Moskau für die Hackerangriffe zu bestrafen, die US-Geheimdienste im Wahlkampf festgestellt hatten, hatte Obama Ende vergangenen Jahres in den letzten Tagen seiner Amtszeit 35 russische Diplomaten ausgewiesen und zwei Erholungseinrichtungen für die russischen Vertreter schließen lassen. Im Juli goss der US-Kongress die Sanktionen gegen Russland in ein Gesetz, was Moskau zusätzlich erboste.

In der aufgeladenen Atmosphäre trat am Freitag der neue Botschafter Russlands seinen Dienst an. In einem Interview mit der Zeitung Kommersant hatte Anatoli Antonow vor seiner Abreise nach Washington angekündigt, er werde "versuchen, den Amerikanern klarzumachen, dass wir keine Feinde sind". Antonow hat den Ruf eines Falken. Wie russische Medien berichten, wurde er bereits vor einem Jahr für den Posten ausgewählt, als Moskau noch davon ausging, dass Hillary Clinton die Wahl gewinnen werde. Als sich nach dem Amtsantritt Trumps das erhoffte Tauwetter nicht einstellte, blieb man bei der Entscheidung.

Antonow hat über 30 Jahre im Außenministerium gearbeitet. Von 2011 bis 2016 war er als Vize- Verteidigungsminister für internationale Zusammenarbeit zuständig. Wegen des von Moskau unterstützten Krieges in der Ostukraine setzten ihn die Europäische Union und Kanada 2015 auf ihre Sanktionslisten. Einmal immerhin ist ihm bereits ein diplomatischer Erfolg mit den Amerikanern gelungen: Antonow handelte das New-Start-Abkommen zur Reduktion der strategischen Atomwaffen aus, das Obama und der damalige russische Präsident Dmitrij Medwedjew 2010 unterzeichneten.

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: