Russland und die USA:Medwedjew buhlt um Obama

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Die Krise bringt Bewegung in festgefahrene diplomatische Positionen: Während Moskau Brücken nach Washington baut, kann sich Polens Außenminister Russland als neues Nato-Mitglied vorstellen.

Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew will weltpolitische Probleme gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama lösen. Weder die USA noch Russland könnten Desinteresse und Beliebigkeit in ihren Beziehungen dulden, schrieb Medwedjew in einem Beitrag für die Washington Post. Er forderte, beide Staaten müssten ihre Vorbehalte aufgeben und einander als gleichwertige Partner gegenübertreten.

Geht auf die USA zu: Der russische Präsident Dmitrij Medwedjew. (Foto: Foto: ddp)

Der von der US-Regierung geplante Raketenschutzschild in Osteuropa, Russlands Verbindungen zu Iran und der mögliche Nato-Beitritt der ehemaligen Sowjetrepubliken Ukraine und Georgien hatten im vergangenen Jahr das Verhältnis der beiden Länder stark belastet.

Vor dem ersten Treffen der beiden Staatsoberhäupter beim Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) am Mittwoch und Donnerstag in London zeigte sich Medwedjew nun bereit, über ein gemeinsames Vorgehen in Afghanistan und die Fortführung des 1991 abgeschlossenen Start-Vertrag über die Abrüstung strategischer Waffen zu verhandeln.

Außerdem könnten die beiden Länder die Einführung internationaler Regularien für die Finanzmärkte vorantreiben, schrieb Medwedjew weiter. Am Dienstag ist der russische Präsident in Berlin, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vertretern der deutschen Industrie das G-20-Treffen vorzubereiten.

Polen Außenminister Radoslaw Sikorski sprach sich überraschend für die Aufnahme Russlands in die Nato aus - unter bestimmten Umständen. Russland werde zur Lösung der Probleme in der Welt gebraucht, sagte Sikorski der Zeitung Gazeta Wyborcza.

"Darum glaube ich, dass es gut wäre, wenn Russland Mitglied der Nato würde." Bedingungen wären eine Demokratisierung des politischen Systems in Russland, die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte und die friedliche Lösung von Grenzkonflikten. Seine Äußerungen sollten im Zusammenhang mit der Nato-Politik der "offenen Tür" gesehen werden, sagte Sikorski weiter.

Keine Signale von Russland

Eine Nato-Mitgliedschaft Russlands würde die Sicherheit Polens und der Welt erhöhen, fügte Sikorski hinzu, der sich in der Vergangenheit als Kritiker der Führung in Moskau hervorgetan hat. Polnischen Kommentatoren zufolge hat er seinen Ton allerdings gemäßigt, seit er als neuer Nato-Generalsekretär mit im Gespräch ist.

Das Bündnis wird möglicherweise schon diese Woche einen Nachfolger für den Niederländer Jaap de Hoop Scheffer wählen. Favorit ist der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen. Gegen ihn gibt es aber Vorbehalte der Türkei, die eine Entscheidung auf dem Nato-Jubiläumsgipfel in Deutschland und Frankreich verhindern könnte.

Von Russland gibt es bisher keine Signale, dem einst gegen die Sowjetunion gerichteten Bündnis beizutreten. Auch zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges beobachten die meisten Russen die Nato mit tiefem Misstrauen. Umgekehrt verbinden viele Polen Ängste mit Russland: Laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage fürchten 56 Prozent aller Polen Russlands Regierungschef Wladimir Putin.

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