Russland-Reise:Steinmeier fordert Klärung der Morde

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Der deutsche Außenminister hat bei seinem Besuch in Moskau an Russlands Regierung appelliert, zu einer zügigen Aufklärung des Mordes an dem früheren KGB-Agenten Alexander Litwinenko beizutragen.

Nico Fried, Moskau

Mit Blick auf die Vergiftung Litwinenkos und den vorausgegangenen Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja sagte Frank-Walter Steinmeier, es sei ,,in Moskau sehr bekannt, dass beide Morde das Potential haben, Russland Schaden zuzufügen''.

Die Regierung habe daher selbst ein Interesse daran, die Vorfälle rasch aufzuklären. Litwinenko war im November in einer Klinik in London an einer Vergiftung durch das radioaktive Polonium 210 gestorben. Die regierungskritische Reporterin Politkowskaja war im Oktober in ihrem Wohnhaus erschossen worden.

Bundesaußenminister Steinmeier sagte nach einem Gespräch mit seinem Moskauer Amtskollegen Sergei Lawrow, Deutschland und die Europäische Union sähen in Russland einen großen und wichtigen Nachbarn.

Es sei wichtig, zur Lösung internationaler Konflikte mit Russland ,,kooperations- und abschlussfähig'' zu sein. Moskau habe ,,in uns einen kritischen Partner'', aber auch einen Partner bei der Modernisierung. Lawrow wies eine alleinige Verantwortung Russlands für den Fall Litwinenko zurück.

Fahndung nach Anstiftern

Die Spur des Poloniums, mit dem Litwinenko ermordet wurde, habe sich ,,in ganz Europa zerstreut''. Daher habe jedes Land ein Interesse an der Aufklärung und daran, die Anstifter zu finden. Lawrow warnte ausdrücklich davor, den Fall zu politisieren und bestimmten Ländern ,,in die Schuhe zu schieben''. Einige Staaten im Westen steckten bei der Beurteilung Russlands in Kategorien des Kalten Krieges fest, sagte er.

Steinmeier erwartet, das sogenannte Nahost-Quartett bereits zu Beginn des nächsten Jahres reaktivieren und damit neue Impulse für einen Friedensprozess in der Region setzen zu können. Nach seinem Gespräch mit Lawrow sagte er, man sei sich einig gewesen, dass bald eine Sitzung zustande kommen solle, ,,möglichst im Januar''.

Zum Quartett gehören die Europäische Union, deren Vorsitz Deutschland am 1. Januar übernehmen wird, Russland, die Vereinten Nationen sowie die USA. Steinmeier sagte, er rechne mit einer ,,allgemeinen Bereitschaft'' der Beteiligten zu einem Treffen. Man werde nun auch mit den USA darüber reden, ,,wann und wie der richtige Termin gefunden werden kann''. Die US-Regierung steht einer Wiederbelebung des Quartetts bislang skeptisch gegenüber.

Russlands Außenminister Lawrow sagte, die russische Regierung sei mit Deutschland ,,solidarisch'' im Bemühen um eine Reaktivierung des Quartetts. Es gebe momentan einen ,,Mangel an kollektiver Führung bei der Lösung des Nahost-Problems''. Lawrow sprach sich dafür aus, auch die Staaten der Region stärker als bisher am Prozess des Nahost-Quartetts zu beteiligen.

Die russische Regierung hatte in den vergangenen Tagen ein verstärktes Engagement für die Region gezeigt und damit auch ihren Willen demonstriert, an der Konfliktlösung beteiligt zu werden. Anfang der Woche war der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora trotz der innenpolitischen Krise in Beirut zu einem kurzen Besuch nach Russland gereist. Einen Tag später empfing der russische Präsident Wladimir Putin auch den syrischen Staatschef Baschar al-Assad.

© SZ vom 22.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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