Rot-Grün bessert Hartz IV nach:Ein bisschen Frieden

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Die Regierung hat unter dem Eindruck der Straßendemonstrationen gegen Hartz IV gehandelt: Langzeitarbeitslose erhalten das neue Arbeitslosengeld II schon im Januar und auch beim Kinderfreibetrag gibt Wirtschaftsminister Clement ein klein wenig nach. Den Kritikern wird das zu wenig sein.

Dank der Nachbesserungen von Hartz IV dürfen Kinder bereits ab ihrer Geburt ein Vermögen von 4100 Euro besitzen. Bislang galt der Kinderfreibetrag nur für Jugendliche ab 15 Jahren.

Das Arbeitslosengeld II soll jetzt bereits am Monatsanfang ausgezahlt werden - egal ob die Bezieher zuvor Sozial- oder Arbeitslosenhilfe erhalten hätten. Nach der Rechnung von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, wird das den Bundeshaushalt zusätzlich mit 800 Millionen Euro belasten. Clement kündigte an, dass es künftig eine gesetzliche Anpassungsregel geben werde. Damit herrsche dann für die Zukunft Klarheit. Mit den vereinbarten Änderungen hoffe die Bundesregierung auf mehr Verständnis für die Reformen, sagte der SPD-Politiker.

"Absolute Übereinstimmung"

Clement sagte nach dem zweieinhalbstündigen Gespräch im Kanzleramt, es herrsche über die Reform "absolute Übereinstimmung" in der Regierung. Die Einigung sei ein Beitrag für mehr Klarheit in der Debatte.

Gleichzeitig kritisierte der Wirtschaftsminister aber Panikmache in Zusammenhang mit den Arbeitsmarktreformen. Es müsse niemand in Plattenbauten umziehen, das Gros der Menschen lebe in angemessenem Wohnraum, sagte er.

Angesichts der Massenproteste hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Spitzenrunde unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub das Spitzentreffen einberufen. Neben Clement nahmen an der Unterredung Finanzminister Hans Eichel, SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzender Franz Müntefering, der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer, Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckart sowie Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier teil. Clement und Eichel unterbrachen dafür nach Angaben ihrer Sprecher den Urlaub.

Wirtschaftsforscher warnt: Protestierer werden ermuntert

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.Di forderte weitere Korrekturen. "Wir freuen uns, dass nun auch die Regierungskoalition Änderungs- und Beratungsbedarf bei Hartz IV sieht. Dieser Kurs sollte fortgesetzt werden und zwar bei den wirklich schwer gewichtigen Themen", sagte ver.Di-Sprecher Harald Reutter der Berliner Zeitung. Ver.Di bestehe auf Änderungen bei der Zumutbarkeitsklausel von angebotenen Jobs und auf höheren Freibeträgen in der privaten Altersvorsorge.

Dagegen blieb FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt bei seiner Forderung nach einer Verschiebung der Hartz-IV-Reform, damit sie vernünftig umgesetzt werden könne. "Handwerkliche Fehler lassen sich nicht durch kleine Reparaturen beheben", meinte er.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sagte der Berliner Zeitung: "Ich bezweifele, dass diese Korrekturen die Montagsdemonstrationen beenden werden, sie werden die Protestierer eher ermuntern."

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