Rom:Papst dachte an Rücktritt

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Johannes Paul II. begründete dies mit seinem hohen Alter und der Jahrtausendwende. Vier Millionen Pilger erweisen dem Papst die letzte Ehre, davon allein etwa zwei Millionen aus seinem Heimatland Polen. Auch die Spitzen der deutschen Regierung und Opposition machen sich auf den Weg nach Rom.

Papst Johannes Paul II. hat in den letzten fünf Jahren seines Lebens an einen Rücktritt gedacht. Im Jahr 2000 habe er ernsthaft erwogen, sein Amt niederzulegen, schrieb der Papst in seinem am Donnerstag veröffentlichten Testament. Als Anlass nannte er seinen 80. Geburtstag und den Beginn des neuen Jahrtausends.

Familie Bush und Ex-Präsident Clinton im Petersdom. (Foto: Foto: dpa)

Er hoffe, dass Gott "mir zu erkennen hilft, wie lange ich meinen Dienst fortsetzen muss". Zur Beisetzung von Johannes Paul II. am heutigen Freitagvormittag versammelten sich vier Millionen Pilger in Rom. Diese Zahl nannte am Donnerstag der Polizeichef der Stadt, Marcello Fulvi.

In seinem Testament bittet Johannes Paul II. um Verzeihung. Wörtlich heißt es in dem Text, dessen erste Teile der Papst bereits am 6. März 1979 verfasste: "Ich danke allen. Alle bitte ich um Vergebung. Und ich bitte auch um Euer Gebet, damit die Barmherzigkeit Gottes sich als größer erweist als meine Schwäche und Unwürdigkeit."

Er vermerkt in dem Dokument, dass er keine materiellen Güter hinterlässt. Auch ordnet er an, dass alle seine persönlichen Schriften verbrannt werden. Das Testament ist auf Polnisch verfasst; der Vatikan übersetzte es ins Italienische.

Bittere Enttäuschung für weit gereiste Pilger

Für den Fall seines Todes erklärte der Papst, dass er eine Bestattung in seinem Heimatland Polen erwogen habe. Dann habe er beschlossen, die Entscheidung darüber dem Kollegium der Kardinäle zu überlassen. Diese bestimmten, dass Johannes Paul an diesem Freitag in den Vatikanischen Grotten unter dem Petersdom beigesetzt werden soll.

Allein aus Polen, dem Heimatland des Papstes, kamen in den vergangenen Tagen etwa zwei Millionen Menschen nach Rom. Unter den Teilnehmern der Trauerfeier sind auch mehr als 200 Würdenträger aller Religionen sowie Staats- und Regierungschefs, unter ihnen Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Noch einmal zogen am Donnerstag mehrere hunderttausend Menschen an dem im Petersdom aufgebahrten Papst vorbei. Nachdem die Wartezeit am Mittwoch zeitweise 24 Stunden erreicht hatte, sperrte die Polizei in der Nacht für mehrere Stunden den Zugang zu der Warteschlange. Viele Pilger waren bitter enttäuscht, dass ihnen der Gang in den Petersdom verwehrt blieb.

Höchste Sicherheitsvorkehrungen

Zur Vorbereitung der Bestattung sollte der Petersdom am Donnerstagabend um 22 Uhr geschlossen werden. Wegen der bevorstehenden Trauerfeier sperrte die italienische Regierung den Flughafen Rom-Ciampino bis Freitag um 24 Uhr.

Zu den ersten Staatsgästen gehörte US-Präsident George W. Bush, der zwei Jahre nach dem vom Papst scharf kritisierten Irak-Krieg vor dem aufgebahrten Leichnam zu einem stillen Gebiet niederkniete. Während der fünf Gedenkminuten erklang Orgelmusik. Auf dem Flug nach Rom bezeichnete Bush den Papst als einen "Mann des Friedens", der unvergesslich bleiben werde.

Für die Sicherheit der Trauerfeier brachten die italienischen Streitkräfte Flugabwehrraketen in Stellung. Während der Beisetzung wird der Luftraum über Rom in einem Umkreis von acht Kilometern gesperrt. Auf dem Tiber patrouillierten Marineboote, auf den Hausdächern waren Scharfschützen in Bereitschaft.

Regierung und Opposition reisen nun doch getrennt

Im Anschluss an die Beisetzung beginnen neun Trauertage, an denen weitere Messen für den Verstorbenen gelesen werden. Vom 18. April an bestimmen die unter 80-jährigen Kardinäle den Nachfolger von Johannes Paul II. Zu den einzelnen Wahlgängen werden die Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle eingeschlossen.

Mit einer großen Delegation unter Leitung von Bundespräsident Köhler reisen die deutsche Staats- und Regierungsspitze sowie die Opposition zur Beisetzung. Entgegen den ursprünglichen Absichten sahen die Planungen für die Reise am Donnerstagabend in die italienische Hauptstadt aber getrennte Flüge von Regierung und Opposition vor.

Dafür wurden organisatorische Gründe angeführt. Während Köhler mit dem größten Teil der Delegation mit einem Airbus in Berlin starten sollte, wollten Bundeskanzler Schröder und sein Außenminister Joschka Fischer von Hannover aus nach Rom fliegen.

(SZ vom 8.4.2005)

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