Rom:"Dies ist keine Friedenskonferenz"

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In Rom findet derzeit die internationale Konferenz zur Krise im Nahen Osten statt. Am Ende werden Vorschläge stehen, wie man dorthin kommen könnte, wohin die UN-Resolution 1559 aus dem Jahre 2004 bislang nicht geführt hat: Die Entwaffnung der Hisbollah. Neu ist die Idee einer internationalen Stabilisierungstruppe.

Der Gastgeber, Italiens Außenminister Massimo d'Alema, dämpfte bereits im Vorfeld hohe Erwartungen auf einen Durchbruch. "Dies ist keine Friedenskonferenz", sagte ein Sprecher des Ministers. Ziel des Treffens von rund 20 Ländern und Organisationen sei es in erster Linie, praktische Lösungen für humanitäre Hilfen zu finden.

An der Konferenz nehmen unter anderem US-Außenministerin Condoleezza Rice, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, UN-Generalsekretär Kofi Annan und der EU-Außenbeauftragte Javier Solana teil sowie der libanesische Präsident Faud Siniora und Vertreter gemäßigter arabischer Staaten wie Ägypten und Jordanien. Die Konfliktparteien Israel und die Hisbollah-Milizen sind nicht vertreten.

Als Grundlage der Beratungen in Rom dürfte ein von Annan kürzlich vorgelegter Sechs-Punkte-Plan dienen. Dieser sieht unter anderem die Freilassung und Übergabe der im Libanon entführten israelischen Soldaten an das Internationale Rote Kreuz vor, die Stationierung einer internationalen Stabilisierungstruppe sowie Hilfen für den Wiederaufbau des Libanon.

Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy wollte in Rom "erste Skizzen" eines französischen Vorschlages für eine UN-Resolution vorlegen.

Friedenstruppe auch an der Grenze zu Syrien

Frankreich schlägt die Einrichtung einer internationalen Friedenstruppe vor, die Libanons sämtliche Landgrenzen überwachen soll - also neben der israelisch-libanesischen Grenze auch die Grenze zwischen dem Libanon und Syrien.

Die Truppe solle "den Waffenstillstand überwachen und die Achtung der Grenzen sichern, natürlich sowohl der israelisch-libanesischen als auch der syrisch-libanesischen Grenzen", sagte Präsident Jacques Chirac der Pariser Tageszeitung Le Monde.

Aber "nichts wird ohne die Zustimmung der libanesischen Regierung geschehen, die im Zentrum aller Verhandlungen stehen muss", sagte Douste-Blazy dem Radiosender France Info, "und natürlich ohne Zustimmung der israelischen Regierung".

Eine Friedenstruppe solle "ein sehr klares Mandat" von den Vereinten Nationen erhalten; die UN und ihr Generalsekretär Kofi Annan müssten "ein Akteur oder der wichtigste Akteur" sein.

Ein Abkommen muss laut Douste-Blazy auf der Anerkennung "eines unverbrüchlichen Rechts Israels auf Sicherheit" beruhen und daher "eine Entwaffnung der Hisbollah" umfassen.

Die Hisbollah müsse die beiden gefangenen israelischen Soldaten ohne Bedingungen frei lassen, zudem sei eine "Regelung der libanesischen Gefangenen in den israelischen Gefängnissen" erforderlich. Die libanesische Armee müsse in den Süden des Landes und auf die Schebaa-Farmen am Fuße der von Israel besetzten Golan-Höhen verlegt werden.

Die USA wollten schnellstmöglich die Nato-Eingreiftruppe NRF entsenden. Unter Kommando des Generalstabs des europäischen Korps aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Spanien sollte die NRF nach dem Wunsch der Amerikaner einen Waffenstillstand überwachen.

Doch die Nato werde, "ob man es will oder nicht, in diesen Regionen als bewaffneter Arm des Westens empfunden", sagte Präsident Jacques Chirac der Pariser Tageszeitung Le Monde.

Frankreich sei hingegen dafür, zunächst eine Waffenruhe, dann eine politische Verpflichtung der Konfliktparteien zu erreichen und erst dann eine Friedenstruppe aufzustellen, sagte Chirac. Dabei schloss er nicht aus, dass sein Land die Führungsrolle übernehmen könnte: "Frankreich ist immer seiner Verantwortung im Libanon nachgekommen."

"Friedenstruppe muss von allen akzeptiert sein"

Auch nach Einschätzung des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier ist eine internationale Stabilisierungstruppe im Libanon ein wichtiges Element für eine dauerhafte politische Lösung.

"Sie wird dann Erfolg haben können, wenn sie von den Staaten der Region akzeptiert wird und ihr Mandat klar und vor allem umsetzbar ist", sagte Steinmeier bei der internationalen Libanon-Konferenz. Ziel der Truppe müsse es vor allem sein, die legitime Regierung des Libanons zu stärken.

Dabei müsse die libanesische Armee in die Lage versetzt werden, ihre Kontrolle im gesamten Libanon auszuüben. Für Steinmeier ist nach der Eskalation des Konfliktes eine "einfache Rückkehr zum status quo ante" inakzeptabel.

Die wiederholten Angriffe der radikal-islamischen Hisbollah an der international anerkannten israelischen Nordgrenze hätten gezeigt, dass hier dringender Handlungsbedarf bestehe.

Steinmeier betonte, ein "schnellstmöglicher Waffenstillstand" habe absolute Priorität. Die wichtigste Aufgabe sei nun, hierfür die Bedingungen zu schaffen. "Nur dann wird das Leiden der Menschen ein Ende finden und ein politischer Prozess in die Wege geleitet." In diesem Zusammenhang müsse es auch um die Freilassung der entführten israelischen Soldaten gehen.

Am Anfang des Prozesses sollte der UN-Sicherheitsrat nach Ansicht Steinmeiers unverzüglich weitere Beratungen aufnehmen. Am Ende müsse die volle Umsetzung der UN-Resolution 1559 stehen, die eine Entwaffnung der Hisbollah vorsieht.

Zudem müssten ein stabiler, unabhängiger und demokratischer Libanon durch nachhaltige Stärkung der staatlichen Institutionen, sichere Grenzen für Israel gewährleistet und der Nahost-Friedensprozess fortgeführt werden.

An die Konfliktparteien appellierte Steinmeier, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Deutschland sei bereit, zusätzliche Leistungen für die humanitäre Hilfe zu erbringen.

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