Roland Koch:Ein Mann ruiniert sich selbst

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Roland Koch hat nicht nur eine Wahl verloren. Er hat so ziemlich alles, was er in neun Jahren aufbaute, in vier Wochen Wahlkampf niedergerissen und sein politisches Kapital verspielt.

Stefan Braun

Roland Koch hat einen aggressiven Wahlkampf geführt. Er hat mit ausländerfeindlichen Stimmungen gespielt. Und er hat dafür eine Quittung bekommen. Zwölf Prozent Minus - das ist mehr als eine einfache Niederlage. Demokratie ist, wie sie ist? Mal gewinnt man, mal verliert man? Das greift viel zu kurz. Roland Kochs Debakel führt weiter. Für ihn und für die CDU.

Koch hat sich seine zwei Kernkompetenzen selbst aus der Hand geschlagen. (Foto: Foto: dpa)

Mag sein, dass er sich noch Wochen im Amt hält. Mag auch sein, dass die hessische Verfassung ihn Monate regieren lässt. Ja, vielleicht besitzt er am Ende stärkere Nerven als seine Gegnerin und bleibt noch länger. Retten kann all das den Roland Koch, der er einmal war, nicht mehr.

Denn dieser alte Roland Koch hat so ziemlich alles, was er in neun Jahren aufbaute, in vier Wochen Wahlkampf niedergerissen. Wer und was der neue Roland Koch sein wird, steht in den Sternen. Sicher ist nur: Politisch hat er dramatisch an Gewicht verloren. Die Medien werden ihn zwar weiter begleiten. Aber sein größtes Kapital - sehr ernst genommen zu werden - hat Koch erst einmal verspielt.

Der Grund ist einfach: Koch hat sich seine zwei Kernkompetenzen selbst aus der Hand geschlagen. Wie will er - ob als Ministerpräsident oder auf einem anderen Posten in der Politik - in den nächsten Jahren noch über innere Sicherheit sprechen, über Integration oder Justizpolitik, ohne an seine Kampagne zu erinnern.

Er hat sich eine zu eindeutige Identität gegeben. Und die wird das Publikum nicht mehr vergessen. Nach seiner Unterschriftenaktion 1999 bemühte er sich neun Jahre lang darum, nicht ewig damit identifiziert zu werden. Diesmal kann er das bleiben lassen. Es wird nicht funktionieren.

Nicht viel anders verhält es sich mit Kochs Wirtschaftskompetenz. Hat er auf diesem Feld irgendwas gewonnen? Hat er im Wahlkampf mit diesem Pfund gewuchert? Hat er, der harte Kämpfer, beim Mindestlohn dagegengehalten? Nein. Er ist ausgewichen. Er ist aufs Feld der inneren Sicherheit geflüchtet. Deutlicher kann man die eigene Schwäche nicht dokumentieren.

Kochs Schwäche trifft freilich nicht nur ihn. Auch die CDU wird das noch spüren. Ihr wichtigster Wirtschaftspolitiker hat nicht den Mut gehabt, auf seinem Feld zu kämpfen. Und einer ihrer wichtigsten Innenpolitiker hat das Thema innere Sicherheit vergiftet. Die Folgen machen sich nicht sofort bemerkbar, aber auf Dauer werden sie weh tun.

Roland Koch hat einst politische Kraft daraus gezogen, dass er trotz inakzeptabler Manöver den hessischen CDU-Spendenskandal überlebte. "Stahlbad" nannten sie das in der Hessen-CDU seither. Heute braucht er kein Stahlbad.

Er braucht eine Katharsis, will er noch eine politische Zukunft haben. Es gibt auch für Hardliner einen Moment, weich zu werden. Koch ist klug. Er wird das wissen. Ob er die Kraft hat zur Reinigung, muss er noch beweisen. Ein Rückzug auf Zeit würde ihm diese Chance geben.

© SZ vom 30.01.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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