Rheinland-Pfalz:Keine Experimente

Lesezeit: 2 min

Ministerpräsident Kurt Beck ist außerordentlich populär, seine Koalition mit der FDP bewährt, mit den Grünen will er nichts zu tun haben. Es sieht danach aus, dass Rot-Gelb in Rheinland-Pfalz weiterregieren kann. CDU-Herausforderer Böhr bleibt nur die Hoffnung auf den Merkel-Bonus.

Bernd Oswald

44,7 Prozent. Wie ein Leuchtturm ragt diese Marke aus den 20 bis 30 Prozent-Tälern heraus, in die die Wähler landauf landab die SPD bei Landtagswahlen gestürzt haben. 44,7 Prozent erreichten vor fünf Jahren die rheinland-pfälzischen Sozialdemokraten - das beste Landtagswahlergebnis, das für die SPD in ganz Deutschland zu Buche steht.

Kurt Beck muss also eine richtige Benchmark verteidigen und das wird nicht leicht. Zumal die Wahlalternative Arbeit&soziale Gerechtigkeit (WASG) antritt, die bei der Bundestagswahl 5,6 Prozent holte. Dennoch gibt Beck als Wahlziel "40 Prozent plus ein dickes X" aus.

WASG als Zünglein an der Waage?

Ende Januar lagen SPD und CDU in einer Forsa-Erhebung noch Kopf-an-Kopf bei 37 Prozent. infratest-dimap kam im Februar und im März zu einem ganz anderen Ergebnis: 42 Prozent für die SPD, sechs bis sieben Punkte vor der Union. Da die FDP in allen Umfragen stärker als die Grünen ist und sich für eine Fortsetzung der einzigen sozialliberalen Koalition der Republik ausgesprochen hat, sieht es danach aus, als ob alles beim alten bleiben würde.

Eine neue Regierungskoalition gäbe es nach Lage der Dinge wohl nur, wenn die WASG den Sprung in den Landtag schafft. Derzeit wird sie auf 4 Prozent taxiert. In diesem Fall würde es wohl auch in Mainz zu einer großen Koalition kommen. Ob der Ministerpräsident dann Beck oder Böhr hieße, hinge davon ab, welche Partei die stärkste Fraktion stellt.

In der Bevölkerung gibt es eine überwältigende Präferenz für den Amtsinhaber. In einer Direktwahl des Ministerpräsidenten würden laut einer SWR-Umfrage 68 Prozent der Wähler für Beck stimmen, nur 22 Prozent für den CDU-Herausforderer Christoph Böhr.

Beck und Böhr am Scheideweg

Für beide Politiker geht es bei der Wahl um viel. Die SPD würde bei einer Niederlage das letzte Flächenland in Westdeutschland verlieren und nur noch in Bremen den Regierungschef stellen.

Beck bliebe bei einer Niederlage zwar erster stellvertretender SPD-Vorsitzender, hätte aber kaum mehr eine Perspektive: Bei der nächsten Bundestagswahl wäre er 60 Jahre und bei der nächsten Landtagswahl 62. Es sei denn, die SPD setzt ihre Tradition fort, abgewählte Ministerpräsidenten ins Bundeskabinett zu holen.

Ähnlich liegt der Fall bei Böhr: Auch er ist stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei, allerdings der mit dem schlechtesten persönlichen Wahlergebnis. Sollte er wie schon 2001 wieder im einstigen CDU-Stammland Rheinland-Pfalz verlieren, würde ihn das über kurz oder lang seinen Posten als CDU-Landeschef kosten. Schon jetzt gibt es viele Kritiker, der Bundestagsabgeordnete Peter Rauen wollte Böhr gar die Spitzenkandidatur streitig machen.

Böhrs einziges Faustpfand ist die Beliebtheit Angela Merkels. Er setzt darauf, dass auch seine Landes-CDU so von der großen Koalition profitiert, wie es in Berlin der Fall ist.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: