Resolutions-Entwurf:Berlin will Sitz im UN-Sicherheitsrat erzwingen

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Deutschland und seine Verbündeten dringen auf eine baldige Kampfabstimmung über Reform der Vereinten Nationen. Einen entsprechenden Resolutions-Entwurf haben sie an Generalsekretär Kofi Annan übergeben.

Von Stefan Ullrich

Deutschland und seine Verbündeten Japan, Indien und Brasilien (G4) suchen jetzt die Entscheidung im Streit um die Reform des UN-Sicherheitsrats. Sie wollen die Erweiterung des Gremiums um sechs ständige Mitglieder erreichen. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte am Mittwoch Informationen der Süddeutschen Zeitung, wonach eine entsprechende Resolution "in den nächsten Tagen" in der Generalversammlung der Vereinten Nationen eingebracht werden soll. Der Entwurf wurde am Mittwoch an das Generalsekretariat von Kofi Annan in New York übergeben.

Anfang kommender Woche werden die 191 UN-Staaten über die Resolution beraten, danach soll eine Kampfabstimmung folgen. Die Reformer müssen dabei eine Zweidrittelmehrheit erreichen. Ob das gelingt, ist nach Einschätzung von Diplomaten offen. Die G-4-Staaten versuchen daher, zögernde afrikanische Länder auf ihre Seite zu ziehen.

Nach dem Resolutionstext wird der Sicherheitsrat von 15 auf 25 Staaten erweitert. Dabei sollen zu den fünf ständigen Mitgliedern USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland sechs weitere hinzukommen: Deutschland, Japan, Indien, Brasilien sowie zwei afrikanische Staaten.

Unrealistische Forderungen der Afrikanischen Union

Die Afrikanische Union (AU) konnte sich bei ihrem Treffen am Montag und Dienstag in Libyen allerdings nicht auf zwei Kandidaten einigen. Sie stimmt aber im Prinzip dem G-4-Ansatz zu. Regierungssprecher Thomas Steg sagte dazu am Mittwoch, die Bundesregierung fühle sich durch die Forderungen der AU in ihren Reformvorstellungen bestätigt. Die Afrikaner bildeten mit 53 Staaten einen "wichtigen Block" innerhalb der Generalversammlung. Sie hätten deutlich gemacht, dass die Strukturen der Vereinten Nationen verändert werden müssten.

Tatsächlich bedeutet der Ausgang des Afrika-Gipfels aber auch eine Enttäuschung für die G-4-Staaten. Denn im Unterschied zu dem Konzept von Deutschland und seinen Verbündeten fordern die Afrikaner, dass die neuen ständigen Ratsmitglieder genauso wie die alten ein Vetorecht erhalten sollen. Zudem wollen die Afrikaner neben den zwei ständigen auch noch zwei neue nichtständige Sitze im Rat.

Beide Zusatzforderungen gelten in New York als unrealistisch und nicht in der Generalversammlung durchsetzbar. Dennoch erwägen die afrikanischen Staaten, einen eigenen Resolutionsentwurf zur Abstimmung zu stellen, der dann in Konkurrenz zu den G-4-Vorstellungen stünde. Am Ende könnte so die gesamte Reform scheitern.

Genau dies ist nach Einschätzung von Beobachtern der Wunsch Algeriens, das selbst keine Chance auf einen ständigen Sitz habe, diesen aber auch keinem anderen afrikanischen Staat gönne. So versuche die Regierung in Algier, eine Reform durch neue Verhandlungen auf unbestimmte Zeit zu verschleppen. Die G-4-Staaten appellieren nun an die Afrikaner, sich diesen "Kräften der Verhinderung" im eigenen Interesse zu entziehen und bei der Entscheidung in New York das Reform-Quartett zu unterstützen.

© SZ vom 07.07.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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