Rentenbeitrag 2004:Anstieg auf mehr als 20 Prozent befürchtet

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Sollte die Bundesregierung keine Gegenmaßnahmen ergreifen, droht im kommenden Jahr eine Erhöhung des Rentenbeitragssatzes auf mindestens 20,3 Prozent. Das Sozialministerium hat diese Experten-Einschätzung bestätigt. Verdi-Chef Frank Bsirske hält sogar eine Erhöhung des Beitrags auf 24 Prozent für akzeptabel.

In den Rentenkassen klafft ein Rekorddefizit von acht Milliarden Euro. Das ergibt sich aus der jüngsten Schätzung von Experten der Rentenversicherer, des Sozialministeriums und der Aufsichtsbehörde. Nach den am Freitag in Berlin vom Ministerium bestätigten Berechnungen des so genannten Schätzerkreises würde ohne Gegenmaßnahmen und Einsparungen der Renten-Beitragssatz im kommenden Jahr von derzeit 19,5 auf die Höchstmarke von 20,3 Prozent steigen.

Die Bundesregierung hatte jedoch mehrfach betont, sie wolle den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung auch 2004 bei 19,5 Prozent stabil halten und einen Anstieg der Lohnnebenkosten verhindern. Die Zahlen des Schätzerkreises sind Grundlage für die rot-grüne Rentenklausur an diesem Sonntag im Kanzleramt.

Dort wollen das Kabinett sowie die Partei- und Fraktionsspitzen von SPD und Grünen kurzfristige Sparmaßnahmen sowie ein langfristiges Reformpaket beschließen. Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) muss nicht nur das Finanzloch von acht Milliarden Euro in der Rentenkasse stopfen.

Sie muss darüber hinaus einen Sparbeitrag von zwei Milliarden Euro an Finanzminister Hans Eichel (SPD) leisten.

Bsirske findet 24 Prozent akzeptabel

Verdi-Chef Frank Bsirske kann sich allerdings einen Beitragssatz von 24 Prozent für die Arbeitnehmer vorstellen. Der Welt sagte der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft, dass ein derartiger Beitragssatz "doch kein Drama" sei und dann akzeptabel, wenn man die Alternativen steigende Altersarmut sowie Altersbezüge auf Sozialhilfebiveau selbst nach 30 Beitragsjahren bedenke.

Gleichzeitig sprach sich Bsirske gegen die Koalitions-Pläne bei der Erhöung des Rentenalters auf 67 Jahre aus: "Die Rente mit 67 ist kein Sachzwang, allemal in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, sondern eine falsche politische Entscheidung."

Hintergrund: Der Schätzerkreis

Vier mal im Jahr - im Februar, April, Juni und im Oktober - werden die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung vom so genannten Schätzerkreis analysiert und entsprechende Rückschlüsse gezogen. Dem seit 1974 bestehenden und derzeit 10-köpfigem Gremium gehören Mathematiker und Volkswirte des Bundessozialministeriums, der Rentenversicherungsträger, des Bundesversicherungsamtes und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) an.

Auf der Oktobersitzung wird der Beitragssatz für das jeweils nächste Jahr bestimmt. Der beträgt derzeit 19,5 Prozent. Bei der Bestimmung der Einnahmen und Ausgaben sowie des Vermögens werden Konjunkturprognosen von Wirtschaftsforscher einbezogen. Das Herbstgutachten der sechs führenden Institute, bei dem Korrekturen nach unten erwartet werden, wird an diesem Dienstag vorgelegt.

Die Schätzung basiert nicht nur auf Konjunkturgutachten der Institute sowie des Sachverständigenrates und der Bundesregierung, sondern auch auf der Entwicklung der Löhne und Gehälter. Führen die Prognosen des Schätzerkreises bei Beibehaltung des geltenden Beitragssatzes zu einer Schwankungsreserve, die außerhalb der gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte für dieses Finanzpolster der Rentenkassen liegt, muss ein neuer Beitragssatz durch die Bundesregierung festgelegt werden.

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