Renten-Angleichung:Schäuble will nicht zahlen

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Es geht natürlich ums Geld: Der Plan der Sozialministerin für die Angleichung der Ost-Renten droht zu scheitern. Nahles will die nötigen Mittel aus dem Bundeshaushalt nehmen. Der Finanzminister will, dass die Rentenkasse für die Kosten aufkommt.

Von Guido Bohsem, Berlin

Im Koalitionsvertrag ist die Angleichung der Renten in Ost- und Westdeutschland fest vereinbart. Sie gilt zwar nicht als das zentrale sozialpolitische Vorhaben der großen Koalition. Doch haben es Union und SPD auch nicht nur aus Daffke aufgeschrieben. Schließlich werden die Renten im "neuen Bundesgebiet" auch gut 25 Jahre nach der Einheit noch völlig unterschiedlich berechnet. Sogar Kanzlerin Angela Merkel hat sich dafür eingesetzt, dass dieser Zustand spätestens in fünf Jahren der Vergangenheit angehört.

Doch die Sache hakt. Vor bald eineinhalb Monaten hat Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) einen Vorschlag vorgelegt, wie die Angleichung der Rentensysteme gelingen könnte. Seitdem ist nichts mehr passiert. Ihr Gesetzesvorschlag befindet sich nach wie vor in der Ressortabstimmung. Das heißt gewöhnlich, dass die anderen Ministerien sich das Vorhaben anschauen und Kritik äußern. Ob diese Kritik dann zu Änderungen führt, hängt vom Verhandlungsgeschick ab. Ziel ist es jedenfalls, dass am Ende alle Ressorts dem Vorhaben zustimmen, was in der Regel auch klappt.

Bei Nahles' Rentengesetz läuft es derzeit anders. Kritik kommt aus einem besonders mächtigen Ressort, dem Finanzministerium. Und wenn Wolfgang Schäuble (CDU) nicht einwilligt, hat der Gesetzesentwurf auch keine Chance, ins Kabinett zu kommen und dort beschlossen zu werden.

Der Streit dreht sich, wie könnte es anders sein, ums Geld. Laut Nahles' Berechnungen kostet das Vorhaben jeweils 1,8 Milliarden Euro in den Jahren 2018 und 2019 sowie 3,9 Milliarden Euro von 2020 an. Die Sozialministerin will diese Summe aus dem Bundeshaushalt nehmen. Der Finanzminister hingegen argumentiert, dass die Rentenkasse die Kosten tragen soll. Eine Einigung? Nicht in Sicht. Die Angleichung der Rentenbezüge in Ost- und Westdeutschland sei keine prioritäre Maßnahme, hat Schäuble seiner Kollegin kühl mitteilen lassen. Sie ist kein Vorhaben, auf deren Finanzierung sich Union und SPD im Koalitionsvertrag verständigt haben.

Die Sozialministerin bleibt hart: Sie will das Geld nicht aus der Rentenkasse nehmen

Aber auch Nahles bleibt hart und will das Geld nicht aus der Rentenkasse nehmen. Das zeigt sich in einer Antwort des Sozialministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Politikers Markus Kurth, über die zuerst die Berliner Zeitung berichtet hat. Auf die Frage, welche Auswirkungen die geplante Angleichung der Ost-Renten auf den Rentenbeitrag hat, erwiderte das Ministerium: "Entsprechende Berechnungen liegen der Bundesregierung nicht vor, da diese Maßnahme nicht geplant ist."

Dass die Koalition das Vorhaben noch in dieser Legislaturperiode umsetzen kann, wird damit unwahrscheinlicher. Schließlich steht im kommenden Jahr die Wahl zum Bundestag an, und die Rentenpolitik soll ein zentrales Thema im Wahlkampf werden. Einigen sich Schäuble und Nahles nicht bis zum Herbst, dürfte der Koalition die Wiedervereinigung bei der Rente nicht gelingen.

© SZ vom 31.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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