Religionsstreit:Deutsche Muslime froh über Bedauern des Papstes

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Benedikt XVI. hat mitgeteilt, er sei "extrem betrübt", dass "einige Passagen" seiner Rede die Gefühle von Moslems verletzt hätten. Der einflussreichen Moslembruderschaft in Ägypten reicht das nicht, in der Türkei hingegen beruhigen sich die Gemüter.

Ein Sprecher von Benedikt XVI in Rom teilte mit, der Papst sei "extrem betrübt", dass "einige Passagen" seiner Rede in Regensburg die Gefühle von Moslems verletzt hätten. Die Haltung des Papstes zum Islam stehe in Einklang mit der Lehre der Kirche, die "die Muslime achtet, die den einen Gott lieben".

Pakistanische Muslime demonstrieren gegen den Papst. (Foto: Foto: ddp)

Der Papst hat somit sein Bedauern ausgedrückt, sich aber nicht ausdrücklich entschuldigt. Anlass der Kritik waren von Benedikt zitierte Aussagen eines byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos, denen zufolge der Prophet Mohammed "nur Schlechtes und Inhumanes" in die Welt gebracht habe.

Der Papst habe sich in seiner Rede das Urteil des zitierten byzantinischen Kaisers nicht zu eigen machen wollen. Er habe mit den Zitaten allgemeine akademische Überlegungen über den Zusammenhang von Religion und Gewalt anstellen wollen.

"Den wahren Sinn verstehen"

Benedikt XVI. betone seine Hochachtung für Gläubige des Islam. "Er hofft, dass sie den wahren Sinn seiner Worte verstehen könne, wenn dieser schwierige Moment überstanden ist."

Die einflussreiche Moslembruderschaft in Ägypten kritisierte die Worte des Bedauerns als unzureichend und beharrte auf einer Entschuldigung. In verschiedenen islamischen Ländern war verlangt worden, dass der Papst seine Worte zurücknehme und sich entschuldige. Marokko hatte am Samstag seinen Botschafter beim Vatikan zurückgerufen, um gegen die Bemerkungen von Papst Benedikt XVI. zu protestieren.

Anschläge auf Kirchen

Politiker der Union wiesen die Reaktionen auf die Papst-Äußerungen scharf zurück. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla warf den Kritikern vor, in Wahrheit keine Diskussion über eine Verständigung der Kulturen und Religionen zu wollen: "Alle, die ihn nun angreifen, wollen keinen Dialog, sondern einen eingeschüchterten und mundtoten Westen."

Innenminister Wolfgang Schäuble sagte dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel: "Die Oberhäupter anderer Religionen wären gelegentlich auch gut beraten, wenn sie sich selbst ermahnen würden und nicht immer nur die anderen."

Nach der ersten massiven Kritik folgten am Samstag auch Aufrufe zur Mäßigung in der islamischen Welt: Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland zeigte sich "sehr froh und glücklich" über das vom Papst geäußerte Bedauern.

"Die Muslime werden sich schnell wieder beruhigen", betonte Köhler. Der Zentralrat hoffe zugleich auf einen verstärkten Dialog, um zu einem verbesserten Verständnis zwischen Muslimen und Christen zu kommen.

In der Türkei wurde Kritik an voreiligen Reaktionen laut. Der oberste Chef der türkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, habe den Wortlaut des Vortrags nicht gekannt, als er den Papst aufforderte, sich zu entschuldigen, berichtete die türkische Zeitung Hürriyet. Er habe allein auf Presseberichte reagiert.

Papst-Reise in die Türkei

Einen Einfluss auf den für Ende November geplanten offiziellen Papst-Besuch in der Türkei werde die Empörung über die Worte Benedikts in der islamischen Welt nicht haben, zitierte die Zeitung Kreise des türkischen Außenministeriums in Ankara.

Es gab jedoch auch weiter heftige Kritik. Die radikalislamische Palästinenserbewegung Hamas warf dem Papst vor, er wolle "den USA in ihrem Krieg in der Region und vielleicht bei neuen Aggressionen und Kriegen religiöse Rückendeckung geben".

In Nablus im Westjordanland wurden Brandanschläge auf eine anglikanische und eine griechisch-orthodoxe Kirche verübt. Eine radikale islamische Gruppe erklärte, die Aktionen seien ein Protest gegen die Papstworte.

Ein Vertreter der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan erklärte, die Bemerkungen des Papstes stellten "eine Ausweitung des Kreuzzugs von US-Präsident Bush gegen den Islam" dar.

In Rom wurde erwartet, dass Benedikt an diesem Sonntag nach dem Angelusgebet in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo vor den Toren Roms noch einmal Stellung nimmt.

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