Rekord-Wahlbeteiligung in Serbien:Ultranationalist liegt vorne

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Bei der Präsidentenwahl in Serbien liegt der extreme Nationalist Nikolic ersten Prognosen zufolge vor dem Amtsinhaber, dem pro-europäischen Demokraten Boris Tadic. Entscheiden wird eine Stichwahl.

Die erste Runde der Präsidentenwahl in Serbien hat offenbar der extreme Nationalist Tomislav Nikolic gewonnen. Der Führer der oppositionellen Radikalen gewann am Sonntag 39,5 Prozent der Stimmen, teilte die Wahlforschungsgruppe Cesid in Belgrad nach Schließung der Wahllokale in verlässlichen Hochrechnungen mit.

Sieger in der ersten Runde: Tomislav Nikolic. (Foto: Foto: afp)

Der amtierende Staatspräsident Boris Tadic kam danach mit 35,3 Prozent auf den zweiten Platz. Alle anderen sieben Mitbewerber spielten weit abgeschlagen keine Rolle. Weil weder Nikolic noch Tadic die vorgeschriebene absolute Mehrheit erreichten, wird der Sieger in der Stichwahl am 3. Februar ermittelt.

"Die zweite Runde wird sehr eng" für diese beiden Kandidaten, kommentierte Cesid-Direktor Zoran Lucic das Ergebnis. Entscheidend dürfte sein, für welche Seite die Wähler der abgeschlagenen Kandidaten stimmen werden, analysierten Experten im Staatsfernsehen.

Die Wahlbeteiligung hatte nach inoffiziellen Angaben mit mehr als 61 Prozent einen Rekord seit der demokratischen Wende im Jahr 2000 erreicht. Die Entscheidung über den Präsidenten gilt als wegweisend für den künftigen Kurs der Serbischen Republik.

Im Hinblick auf die für Februar erwartete Unabhängigkeitserklärung des Kosovos hängt es ganz vom künftigen Präsidenten ab, ob sich Serbien weiter der Europäischen Union annähern kann oder erneut die Isolation vom Westen wählt. Tadic tritt für Reformen und eine schrittweise EU-Integration ein. "Dies ist eine Wahl für ein besseres Leben", sagte der amtierende Präsident im Wahlkampf.

Nikolic erklärte bei seiner Stimmabgabe am Sonntag, Serbien brauche die EU, "aber nicht um jeden Preis". Er appellierte im Wahlkampf an das Nationalgefühl und schürte den Ärger über die Unterstützung des Westens für eine Unabhängigkeit des Kosovos.

Das Ergebnis dürfte die EU in eine Zwickmühle bringen. Die Mehrheit der EU-Mitglieder will die abtrünnige südserbische Provinz Kosovo so schnell wie möglich in die eingeschränkte Selbstständigkeit entlassen.

Als Schritt dahin wollen die EU-Außenminister am 28. Januar die Entsendung von knapp 2000 Polizisten, Richtern und Verwaltungsexperten ins Kosovo beschließen. Sie sollen die UN-Verwaltung im Kosovo (UNMIK) ablösen, die seit 1999 die Geschicke dieser fast nur noch von Albanern bewohnten Provinz lenkt.

Jede Förderung der Unabhängigkeit Kosovos würde jedoch dem EU-Wunschkandidaten Tadic schaden und gleichzeitig Wasser auf die Mühlen des Extremisten Nikolic bringen.

© SZ vom 21.01.2008/dpa/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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