Regierungspläne im Bundesrat ausgebremst:Ab in den Vermittlungsausschuss

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Die Unions-Mehrheit im Bundesrat hat eine Reihe von rot-grünen Projekten abgelehnt, darunter die Renten- und Handwerksreform. Nach dem Willen der Länderkammer sollen aber 17-Jährige künftig in einem Modellversuch Auto fahren dürfen - in Begleitung eines Erwachsenen.

Der Bundesrat hat am Freitag mit der Mehrheit der Unionsländer die Rentenpläne der Bundesregierung abgelehnt. Das von Rot-Grün im Bundestag verabschiedete Renten-Notpaket soll eine Lücke von rund acht Milliarden Euro in der Rentenkasse im kommenden Jahr stopfen und eine Anhebung des Rentenbeitragssatzes vermeiden.

Mit dem Gesetz muss sich jetzt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat befassen. Der größte Teil der Reformen ist nicht zustimmungspflichtig, so dass der Bundestag hier den Einspruch des Bundesrates überstimmen kann.

Die Union macht die Bundesregierung für die Finanzmisere der Rentenversicherung allein verantwortlich und begründet damit ihre Ablehnung. Bayerns Bundesratsminister Erwin Huber (CSU) sprach von einem beispiellosen Durcheinander. Anstelle der jährlichen Zitterpartie müsse es verlässliche Renten geben. Mit der für 2004 vorgesehenen Nullrunde und der Übernahme des vollen Beitragssatzes zur Pflegeversicherung komme es zu einer echten Rentenkürzung.

Bisher wurde der halbe Beitragssatz zur Pflegeversicherung von den Rentenkassen getragen. Bei einer Rente von 1000 Euro im Monat macht das eine Zusatzbelastung von 8,50 Euro aus. Der Rentenbeitrag liegt derzeit bei 19,5 Prozent.

Um weitere Mittel freizusetzen, will das Gesetz ferner die Finanzreserve der Rentenkasse von bisher 50 Prozent auf ein Fünftel einer Monatsausgabe abschmelzen. Außerdem soll der Auszahlungstermin für Neurentner auf das Monatsende verschoben werden.

Von den vier Teilen des Gesetzespaketes ist im Bundesrat nur die Verschiebung des Auszahlungstermins zustimmungspflichtig. Dieser Teil entlastet die Rentenkassen um rund 700 Millionen Euro. Die Verschiebung lehnte der Bundesrat ebenfalls ab. Es wird erwartet, dass die Bundesregierung von sich aus den Vermittlungsausschuss anruft.

Kein "Handwerksmeister light"

Zunächst gestoppt hat die Unionsmehrheit im Bundesrat auch die Abschaffung des Meisterbriefs in 65 Handwerksberufen. Die Länderkammer rief am Freitag zur so genannten großen Handwerksnovelle den Vermittlungsausschuss an. Der Leiter der bayerischen Staatskanzlei, Erwin Huber (CSU), kritisierte, Rot-Grün wolle mit der "faktischen Abschaffung der Meisterhandwerke" den falschen Weg gehen.

Nach den Plänen der Koalition soll künftig nur noch in 29 Handwerksberufen als so genannte "gefahrgeneigte Gewerbe" der Meisterbrief Voraussetzung für die Berufszulassung sein. Dazu gehören beispielsweise Gerüstbauer und Elektrotechniker, nicht aber Friseure.

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat bereits eine Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Handwerksrechts eingesetzt. Dort wird auch über die zustimmungsfreie "kleine Novelle" beraten, die den Zugang zu einfachen handwerklichen Tätigkeiten erleichtern soll. Wenn diese innerhalb von drei Monaten erlernt werden können, sollen sie künftig als freies Gewerbe von jedermann angeboten werden können.

Huber betonte: "Einen 'Handwerksmeister light' wird es mit uns ebenso wenig geben wie eine 'Atomisierung' der den einzelnen Handwerken zugeordneten Einzeltätigkeiten." Auch der Wirtschaftsminister von Thüringen, Jürgen Reinholz (CDU), warf der Bundesregierung vor, sie plane eine "Zerstückelung des Handwerks in beliebig viele Einzelteile".

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hielt dagegen, das deutsche Handwerksrecht sei nicht mehr "europafest". Die Zulassungsvoraussetzungen für Deutsche seien höher als für Ausländer. Es gebe eine Art "Inländerdiskriminierung". Auch brauche das Land mehr Chancen für Selbstständigkeit und müsse "endlich den Weg freimachen" von Kammerbürokratie.

"Ich denke, dass Einigungschancen bestehen", sagte der Wirtschaftsminister. Was Bayern und Hessen aber als Alternative zu den Vorschlägen der Koalition vorgelegt habe, sei "so gut wie eine Totalblockade jeglicher Reform". Der SPD-Politiker sagte an die Adresse der Oppositionspolitiker gerichtet: "Ich glaube, dass Sie sich auf diesem Feld noch bewegen müssen."

(sueddeutsche.de/dpa)

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