Regierungskrise in Portugal:Portugals Präsident ruft Neuwahlen aus

Lesezeit: 1 min

Vier Monate ist Ministerpräsident Santana Lopes im Amt, dreimal musste er sein Kabinett umbilden. In der eigenen Partei ist er umstritten, seine Umfragewerte sind im Keller. Jetzt hat Staatspräsident Sampaio das Parlament aufgelöst.

Der sozialistische Staatschef Jorge Sampaio teilte seinen Entschluss am Dienstag Ministerpräsident Pedro Santana Lopes in Lissabon mit.

Taumelt von einer Regierungskrise in die nächste - Portugals Ministerspräsident Pedro Santana Lopes. (Foto: Foto: Reuters)

Nach den geltenden Fristen dürften die Wahlen voraussichtlich im Februar 2005 stattfinden. Die nächsten regulären Wahlen wären erst 2006 fällig gewesen. Die gegenwärtige Regierung werde bis zu den Wahlen im Amt bleiben.

Hoffen auf politische Stabilität

Santana Lopes, der Regierungschef der Mitte-Rechts-Koalition sagte, er respektiere die Entscheidung des Präsidenten. Allerdings teile er die Einschätzung von Sampaio nicht.

Nach seiner Ansicht gebe es keinen Grund für Neuwahlen, sagte Ministerpräsident Santana Lopes. Der Ministerpräsident hatte sein Amt erst im Juli als Nachfolger von José Manuel Barroso angetreten, der zum Präsidenten der Brüsseler EU-Kommission nominiert worden war.

Sampaio hatte damals bereits erwogen, vorgezogene Wahlen auszuschreiben. Er entschied sich jedoch, die Ernennung von Santana Lopes zum neuen Ministerpräsidenten zu akzeptieren. Der Staatspräsident hatte sich davon eine größere politische Stabilität in Portugal versprochen.

Streit um den Haushalt

Santana Lopes hatte jedoch in seiner viermonatigen Amtszeit das Kabinett drei Mal umbilden müssen.

Seine Minister widersprachen sich in ihren Erklärungen gegenseitig; es gab Auseinandersetzungen mit dem Chef der Bank von Portugal und Streit um den Haushalt für das kommende Jahr.

Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und selbst führende Parteimitglieder der regierenden Sozialdemokraten griffen Lopes wegen seiner Haushaltspolitik an. Sein Haushaltsplan für das kommende Jahr sah eine Lockerung der Sparmaßnahmen vor. Die hatte Barroso zuvor verhängt.

"Sehr schlechte Amtsführung"

Zudem ist Santana Lopes in seiner eigenen Partei, der konservativ-liberalen PSD (Sozialdemokratrische Partei), umstritten. Nach Umfragen bezeichnete die Mehrheit der Portugiesen die Amtsführung von Santana Lopes zuletzt als "schlecht" oder "sehr schlecht".

Am Sonntag spitzte sich die Situation zu, als der Minister für Jugend und Sport, Henrique Chaves, überraschend zurücktrat. In seinem Rücktrittsschreiben warf er dem Regierungschef "Mangel an Loyalität und Aufrichtigkeit" vorhielt.

Dies sorgte in Portugal für Aufregung, weil Chaves bisher als ein enger Vertrauter und persönlicher Freund von Santana Lopes gegolten hatte. Sampaio betonte allerdings, dass der Rücktritt von Chaves nicht der Grund für seinen Entschluss zur Ausschreibung von Neuwahlen gewesen sei. Der Grund sei vielmehr die gesamte politische Lage des Landes.

© AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: