Regierungskrise in Brasilien:Neue Vorwürfe gegen Dilma Rousseff

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Ein Kronzeuge belastet die Präsidentin, und ein Richter untersagt Lulas Berufung zum Minister. Doch es gibt auch Massendemonstrationen für die Regierung.

In Brasilien gerät Präsidentin Dilma Rousseff immer stärker unter Druck. Ein Senator und früherer Vertrauter Rousseffs warf ihr am Wochenende eine Verwicklung in den größten Korruptionsskandal des Landes vor. Delcidio do Amaral sagte dem konservativen Nachrichtenmagazin Veja, die Präsidentin und ihr Vorgänger Luiz Inacio Lula da Silva hätten von den Schmiergeldzahlungen beim staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobras gewusst und die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu torpedieren versucht. "Lula und Präsidentin Dilma bemühten sich systematisch, die Justiz zu behindern", sagte Amaral. Rousseffs erfolgreiche Wahlkämpfe in den Jahren 2010 und 2014 seien mit Hilfe des Schwarzgeldsystems finanziert worden.

Das Präsidialamt wies die Anschuldigungen zurück und kündigte juristische Schritte gegen Amaral an. Ein Sprecher Lulas sagte, der Senator habe keine Beweise für seine Vorwürfe. Amaral sei selbst ein Angeklagter und wolle seine Lage vor Gericht verbessern. Der Senator hatte sich jüngst mit den Ermittlern auf ein Schuldeingeständnis geeinigt und dafür Zugeständnisse erhalten. Er trat danach aus der regierenden Arbeiterpartei (PT) aus, deren Vorsitzender im Senat er früher war. Im November war Amaral festgenommen worden, weil er einem früheren Petrobras-Manager Geld geboten haben soll, um dessen Schweigen in den Ermittlungen zu erkaufen.

Die Bevölkerung ist in ihrer Haltung zur Regierung gespalten. Am Freitagabend gab es Massendemonstrationen von Unterstützern der Regierung. Unter dem Motto "Es wird keinen Putsch geben" gingen in allen Bundesstaaten des Landes Hunderttausende auf die Straße. Sie warfen der Opposition, den Massenmedien und Teilen der Justiz vor, mit einseitigen, aufgebauschten Ermittlungen den Sturz der Regierung zu betreiben. Am Sonntag zuvor hingegen hatte mehr als eine Million Regierungsgegner den Rücktritt Rousseffs gefordert. Einer Umfrage des relativ unabhängigen Instituts Datafolha zufolge unterstützen inzwischen 68 Prozent der Bevölkerung das laufende Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin. Ihr wird vorgeworfen, Haushaltsregeln gebrochen und sich damit eine bessere Ausgangsposition für ihre Wiederwahl 2014 gesichert zu haben.

Am Freitag musste Rousseff einen herben Rückschlag hinnehmen: Ihr Versuch, Vorgänger Lula als Stabschef ins Kabinett zu holen, wird von der Justiz blockiert. Ein Richter entschied, dass Lula das Amt vorerst nicht ausüben darf. Die Berufung diene offensichtlich dazu, Lula gegen Geldwäsche- und Betrugsvorwürfe der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Petrobras-Skandal zu schützen.

Lula trat am Freitag in São Paulo vor fast 100 000 Anhängern auf. Er versprach größere Anstrengungen zur Bewältigung der Krise von Lateinamerikas größter Volkswirtschaft, die in der tiefsten Rezession seit Jahrzehnten steckt. Die Zeitung Folha de S. Paulo berichtete, die Regierung werde am Montag ein Konjunkturpaket von umgerechnet 3,7 Milliarden Euro bekanntgeben. Lula ist ein Verfechter von staatlichen Anreizen für die Wirtschaft.

Sie finden, ihr Idol werde zu Unrecht verfolgt: Anhänger des früheren Staatspräsidenten Lula demonstrieren in São Paulo. (Foto: Sebastião Moreira/dpa)
© SZ vom 21.03.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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