Regierungserklärung in Rom:Berlusconi gibt sich versöhnlich

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Als neuer italienischer Premier signalisiert Silvio Berlusconi der Opposition Gesprächsbereitschaft bei der Verfassungsreform. Manchen ist die Charme-Offensive suspekt.

Stefan Ulrich

Der neue italienische Premier Silvio Berlusconi hat sein Land am Dienstag aufgefordert, die ideologische Spaltung und den unversöhnlichen Streit zwischen den politischen Lagern zu beenden und an einem Wiederaufschwung Italiens zu arbeiten. In seiner betont staatsmännisch und konziliant gefassten Regierungserklärung vor dem Abgeordnetenhaus in Rom bot er der Opposition einen Dialog und eine Zusammenarbeit bei Reformen der Verfassung und des Staatsapparates an.

Will die ideologische Spaltung zwischen den politischen Lagern beenden: Silvio Berlusconi bei seiner Regierungserklärung. (Foto: Foto: AFP)

Berlusconi, der einer rechten Koalition vorsteht, möchte sich nach den am Mittwoch und Donnerstag anstehenden Vertrauensabstimmungen im Parlament mit dem linksliberalen Oppositionsführer Walter Veltroni treffen. Die neue Nähe ist etlichen Oppositions-Politikern suspekt. Sie argwöhnen, Berlusconi wolle die Linke in seiner Umarmung erdrücken oder sie entzweien.

Der Regierungschef versprach den Italienern in seiner Erklärung, rasch Steuern zu senken und das Müllproblem in Neapel zu lösen. Außerdem sagte er einen energischen Einsatz gegen die Kriminalität und die illegale Einwanderung zu, zwei Themen, mit denen er bei der Parlamentswahl im April punkten konnte.

Gefängnisse für illegale Einwanderer

Auf dem Staatsgebiet müsse die Herrschaft des Rechts durchgesetzt werden, sagte Berlusconi. Er wolle "die Bürger von der Angst befreien". Denn Sicherheit sei ein Synonym der Freiheit. Seine Regierung werde keine "wilde Einwanderung" dulden. "Wir müssen Herren im eigenen Haus sein, aber zugleich stolz auf unsere Fähigkeit sein, Menschen bei uns aufzunehmen."

Innenminister Roberto Maroni beriet mit Kabinettskollegen über ein Paket schärferer Gesetze gegen Kriminalität und illegale Einwanderung. Ein Teil soll bereits am Freitag beschlossen werden.

Maroni will unter anderem die Auffanglager für womöglich illegal ins Land gekommene Einwanderer in eine Art Gefängnisse umwandeln, in denen die Menschen bis zu 18 Monate festgehalten werden dürfen. Zudem möchte er den Nachzug von Familienangehörigen stärker begrenzen und die Kontrolle von Asylansprüchen verschärfen, ohne jedoch das Asylrecht einzuschränken.

Zu den Plänen des Innenministers gehört es auch, Barackensiedlungen wie etwa in Rom aufzulösen, straffällige Immigranten konsequent auszuweisen und Einwanderer aus Nicht-EU-Ländern nur ins Land zu lassen, wenn sie eine Arbeit mit einem Mindesteinkommen nachweisen können.

Zudem überlegt Maroni, den Zuzug von EU-Bürgern aus Rumänien einzuschränken und das Schengen-Abkommen über den Wegfall von Grenzkontrollen zwischen europäischen Staaten teilweise auszusetzen. Die illegale Immigration als solche soll zu einer Straftat werden.

Die Vorschläge stoßen auf Kritik von mehreren Seiten. So bemängeln Richter, die Justiz sei ohnehin überlastet, und die Gefängnisse seien bereits überfüllt. Das Problem der Immigration müsse eher politisch als strafrechtlich gelöst werden. Auch die katholische Kirche warnt vor Schärfe. So sprach sich der Kurienkardinal Renato Raffaele Martino "absolut dagegen" aus, die illegale Einwanderung zur Straftat zu machen. "Man kann doch nicht von heute auf morgen sagen, wir brauchen keine Migranten mehr."

Auch die rumänische Regierung warnte vor übereilten Schritten. Man werde es nicht dulden, wenn "anti-rumänische und fremdenfeindliche Gefühle hervorgerufen werden", sagte Verteidigungsminister Teodor Malescanu. Italien müsse zwischen ordentlich arbeitenden und kriminellen Einwanderern unterscheiden.

Schätzungen zufolge haben 650.000 illegal in Italien lebende Einwanderer einen Job, oft als schwarzarbeitende Haushaltshilfen, als Betreuer für Kinder und alte Menschen oder als Erntehelfer und Handlanger in der Industrie. Die Familien und die Wirtschaft sind auf diese Arbeitskräfte angewiesen. Gleichzeitig verschreckt es die Italiener aber, dass der Ausländeranteil bei vielen Delikten hoch ist. Auch die Slums in den Großstädten verstören die Bürger. Von ihrer neuen Regierung erwarten sie, dass sie die Einwanderung überwacht, steuert und stärker als bisher in Grenzen hält.

© SZ vom 14.05.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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