Reformverdruss:Der SPD laufen die Mitglieder davon

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Die SPD kann ihren Mitgliederschwund nicht stoppen - Grund ist vor allem die Unzufriedenheit mit den Arbeitsmarktreformen. Erstmals in der Geschichte der BRD könnte die CDU bald mitgliederstärkste Partei werden.

Susanne Höll

Die SPD bereitet sich darauf vor, dass ihr die CDU erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik den Rang als mitgliederstärkste Partei Deutschlands abläuft. Der SPD-Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt sagte am Montag in Berlin, zwar habe sich die Mitgliederabwanderung in diesem Jahr etwas verlangsamt. "Doch wir sind nicht zufrieden mit der Entwicklung", fügte er hinzu.

Alarmierende Zahlen für die SPD und ihren Vorsitzenden Kurt Beck: Der Partei laufen die Mitglieder davon (Foto: Foto: dpa)

Die SPD habe aus den Verlusten Konsequenzen gezogen und wolle die Mitgliederwerbung zu einem regelmäßigen Thema der Parteiarbeit machen und sich darum bemühen, die Bindung zu den Anhängern zu stärken.

Nach den jüngsten Zahlen von Ende Mai liegt die SPD mit 531.737 Mitgliedern noch knapp vor der CDU, die am 31.Mai 531.299 eingeschriebene Anhänger zählte. Der Vorsprung von 438 Mitgliedern könnte aber schon in den nächsten Wochen oder Monaten verschwinden. Die SPD erwartet die Juni-Zahlen in dieser oder der kommenden Woche.

Die Mitgliederentwicklung wurde neben den derzeit schlechten Umfragezahlen und der heftigen Führungskrise der Bundes-SPD als ein Zeichen für die Schwäche der Sozialdemokraten gewertet. Gorholt sagte, in den ersten fünf Monaten dieses Jahres hätten Neueintritte den Mitgliederverlust durch Austritte oder Tod etwas gemildert. In den Vorjahren habe die Partei bundesweit jeden Monat etwa 2000 Mitglieder eingebüßt, derzeit seien es etwa 1600.

In zahlreichen Landesverbänden, etwa auch in Nordrhein-Westfalen, liegt die Christdemokratische Union schon jetzt vor den Sozialdemokraten. Nach Gorholts Worten hatte die CDU dort Ende Mai 164.000 Mitglieder, die SPD noch 142.000. In Bremen hat die SPD mit 5050 Mitglieder (CDU: 3280) noch die Nase vorn, ebenso in Berlin mit 15.800 (12.500) und im Saarland mit 22.300 (20.600). Die SPD hatte sich schon vor zwei Jahren das Ziel gesetzt, verstärkt neue Mitglieder zu werben und Austritte, wenn möglich, zu reduzieren.

Besonders stark waren die Mitgliederverluste in den Jahren 2003 und 2004, als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder an der Spitze der rot-grünen Koalition seine insbesondere von der Arbeitnehmerschaft heftig kritisierte Agenda 2010 mitsamt der Hartz-Arbeitsmarktreformen durchgesetzt hatte. Damals hatten nach Gorholts Worten pro Jahr etwa 50.000 Mitglieder ihr Parteibuch zurückgegeben.

Gemessen an den Mitgliederzahlen hatte die SPD in den 70-er Jahren ihre beste Zeit. Damals zählte die Partei 1.022.193 Millionen eingeschriebene Anhänger. Diese Größe wird die SPD nach eigener Einschätzung nie wieder erreichen. In den vergangenen Jahren haben alle Parteien Mitglieder verloren; bei der CDU, aber auch ihrer Schwesterpartei CSU ist der Schwund aber nicht so dramatisch wie bei den Sozialdemokraten.

© SZ vom 01.07.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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