Referenden:Recht auf Rausch

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In vielen Staaten stimmen die Bürger nicht nur über den Präsidenten ab - sondern auch über die Todesstrafe und die Legalisierung von Marihuana.

Von Luisa Seeling, München

Sollten Pornodarsteller zum Tragen eines Kondoms verpflichtet sein? Angesichts der schicksalhaften Präsidentschaftwahl klingt die Frage eher nachrangig. In Kalifornien, dem Hauptstandort der US-Pornoindustrie, betrifft sie aber eine Menge Leute, dort gab es über Kondomzwang eine größere Debatte. Bislang sieht die Branche lediglich regelmäßige Gesundheitstests vor. An diesem Dienstag setzten sich in einem Referendum die Gegner von "Proposition 60" durch: Die Kondompflicht für Sex-Darsteller ist gescheitert.

Andere Referenden betrafen grundlegendere Fragen. Mehr als 160 Volksabstimmungen haben an diesem Superwahldienstag parallel zur Präsidentschaftswahl stattgefunden, die Themen reichten von der Legalisierung von Marihuana über Mindestlöhne bis hin zur Todesstrafe.

Einen Antrag zu deren Abschaffung lehnten die Bürger etwa in Kalifornien ab. Eine Initiative, die darauf abzielt, den Vollzug der Todesstrafe zu beschleunigen, billigten die Wähler hingegen. In Kaliforniens Todeszellen sitzen 740 Verurteilte, mehr als in jedem anderen Bundesstaat. Die Kapitalstrafe ist allerdings seit zehn Jahren nicht mehr vollstreckt worden. Auch in Nebraska und Oklahoma gab es Referenden zur Todesstrafe: In Nebraska entschieden die Wähler, sie wieder einzuführen, nachdem sie erst im vergangenen Jahr abgeschafft worden war. In Oklahoma votierten sie für eine verschärfte Anwendung.

Feiern können die Befürworter strengerer Waffengesetze - zumindest ein kleines bisschen

Die Einwohner Colorados wiederum billigten eine Gesetzesinitiative, wonach künftig medizinische Sterbehilfe bei tödlich erkrankten Patienten in der Endphase ihres Lebens erlaubt sein soll. Ähnliche Gesetze sind bereits in den Staaten Kalifornien, Montana, Oregon, Vermont und Washington in Kraft.

In mehreren Bundesstaaten entschieden die Bürger, den Besitz und Konsum von Marihuana nicht mehr zu kriminalisieren. In Arizona, Kalifornien, Nevada und Massachusetts soll Marihuana für den Freizeitgebrauch künftig legal sein. Auch in Maine fiel die Entscheidung offenbar knapp dafür. Marihuana-Konsum ist damit in mindestens 8 der 50 US-Staaten generell erlaubt - in den vergangenen Jahren hatten Alaska, Colorado, Oregon, und Washington State ihre Drogengesetze gelockert. In Florida und North Dakota soll Cannabis nur für medizinische Zwecke eingesetzt werden dürfen; ähnliche Regelungen existieren bisher in 25 Staaten.

Grund zum Feiern - ein bisschen zumindest - hatten die Befürworter eines schärferen Waffenrechts: In Kalifornien, das schon bisher eines der strengsten Waffengesetze der USA hat, stimmten die Bürger dafür, dass eine Vorstrafenprüfung künftig auch für Käufer von Munition Pflicht ist. In Nevada kam eine Initiative durch, die eine solche Prüfung vor dem Kauf von Waffen vorschreibt.

Eine andere Abstimmung mutet auf den ersten Blick skurril an: Soll die Sklavenarbeit in Colorado abgeschafft werden? Dort steht sie noch im Gesetzbuch - allerdings bezieht sich der Passus nicht auf Leibeigene, sondern auf Straftäter, die zur Arbeit verpflichtet werden sollen. Zwar werden die in den Beschäftigungsprogrammen in Gefängnissen nicht direkt zu Tätigkeiten gezwungen, eine Weigerung kann ihnen aber Nachteile bringen. Wegen des historischen Verweises auf die Sklaverei wollten einige Bürger den Passus nun aber streichen - und sind, wie es zunächst aussieht, knapp gescheitert.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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