Rechtsextremismus:Schäuble lehnt NPD-Verbot weiter ab

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Obwohl der Verfassungsschutz mehr rechtsextrem motivierte Gewalttaten verzeichnet und sich die NPD immer mehr mit der Neonazi-Szene vermischt, spricht sich der Innenminister gegen einen weiteren Verbotsantrag aus.

Trotz einer zunehmenden Verflechtung der NPD mit der Neonaziszene hat sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gegen einen neuen Anlauf für ein Verbot der rechtsextremistischen Partei ausgesprochen.

Zwar sei man sich in der großen Koalition einig, "dass die NPD in vielfältiger Weise gegen die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstößt", sagte der CDU-Politiker bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes. Aber wenn ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt würde, müsste die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz für die Dauer des Verfahrens eingestellt werden.

Eine solche Beobachtung sei aber "aus sicherheitspolitischen Erwägungen notwendig", sagte der Innenminister. Deswegen sei er gegen einen Verbotsantrag.

Laut Schäuble nähert sich die NPD immer mehr an die Neonaziszene an. Inzwischen säßen Neonazis in elf von 16 Landesvorständen der Partei, sagte der CDU-Politiker. Es gebe sogar Landesvorsitzende aus der Neonaziszene. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der NPD-Mitglieder nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes von 6.000 auf etwa 7.000.

"Dieser Entwicklung müssen wir mit Entschiedenheit entgegentreten"

Schäuble bezeichnete den Rechtsextremismus in Deutschland als stetig wachsendes Problem. Fremdenfeindliche Einstellungen, Skinhead-Konzerte, Demonstrationen und eine zunehmende Attraktivität der Szene für junge Menschen "sind leider dabei, Teil der gesellschaftlichen Realität zu werden", sagte der Innenminister. "Dieser alarmierenden Entwicklung müssen wir mit Entschiedenheit entgegentreten."

Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten ist laut Verfassungsschutzbericht im vergangenen Jahr um 14,6 Prozent auf 17.597 gestiegen. Bei 86,5 Prozent davon handelte es sich um Propagandadelikte oder Fälle von Volksverhetzung. Bei den rechtsextremistischen Gewalttaten gab es einen Zuwachs von 9,3 Prozent auf 1.047. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm sieht aber keine qualitative Veränderung bei den rechtsextremistischen Straftaten. Zwar gebe es in der Szene eine Menge Waffen. Trotzdem sehe er "im Moment keine Anhaltspunkte für einen neuen Rechtsterrorismus", sagte Fromm.

Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat hatten Anfang 2001 ein Verbot der NPD beantragt. Zwei Jahre später platzte das Verfahren allerdings, nachdem bekannt wurde, dass sich das Beweismaterial teilweise auf Aussagen von V-Leuten des Verfassungsschutzes stützte. Im vergangenen Jahr hatten SPD-Fraktionschef Peter Struck und mehrere SPD-Ministerpräsidenten einen neuen Versuch gefordert.

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