Reaktionen auf G-8-Gipfel:"Die Zeit rennt uns davon"

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Bei den Skeptikern und Gegnern des Gipfels macht sich Ernüchterung breit: Umweltschützer finden die Treibhausgas-Einigung als zu schwach. Die UN fordert mehr Engagement in Afrika.

Arne Boecker, Rostock

Umweltorganisationen haben die Einigung der Staats- und Regierungschefs zum Klimaschutz am Donnerstag scharf kritisiert. "Der G-8-Gipfel hat versagt, weil er es nicht geschafft hat, ehrgeizige Ziele zu vereinbaren", sagte Tobias Münchmeyer von Greenpeace zum Abschluss des G-8-Alternativgipfels in Rostock. "Es gibt weder klare Aussagen zur Reduktion der Treibhausgase noch zur Obergrenze beim Temperaturanstieg." Vielmehr zeige das vereinbarte Ziel, die Treibhausgase bis 2050 um 50 Prozent zu senken, wie tief gespalten die G-8-Staaten seien. Denn auch diese Vorgabe bleibe unvollständig, weil kein Basisjahr festgelegt worden sei.

Auch Antje von Broock vom BUND kritisierte die Einigung. Die Vorgabe, die Treibhausgase bis 2050 um 50 Prozent zu senken, sei schwach, weil sie sich auf die ganze Welt beziehe. Konkrete Richtlinien für die Industriestaaten seien nicht vereinbart worden. "Mit Blick auf Bali ist dies das falsche Signal'', sagte Broock der Süddeutschen Zeitung. In Bali findet Ende des Jahres die nächste Klimakonferenz der Vereinten Nationen statt. Umweltschützer hatten gehofft, dass die Staatschefs in Heiligendamm ambitioniertere Vorgaben für die Weltklimakonferenz formulieren würden.

"Der Kompromiss ist überhaupt kein Durchbruch, sondern Schönrederei'', sagte Ute Bertrand von der Umweltorganisation Robin Wood. "Der gesellschaftliche Druck muss wachsen, weil uns die Zeit davonrennt."

"Böse Demonstranten", "gute Demonstranten"

Am letzten Tag des Alternativ-Gipfels zeigten sich die Veranstalter mit der Tagung zufrieden, die in Rostock über drei Tage ein Gegenprogramm zum G-8-Gipfel in Heiligendamm angeboten hatte. Thomas Seibert von der Hilfsorganisation Medico International wandte sich auf einer Abschluss-Pressekonferenz gegen eine Trennung in "böse Demonstranten", die am Samstag beim Gegengipfel-Auftakt zu sehen waren, und "gute Demonstranten", die in den Workshops diskutiert haben.

"Uns alle eint die Überzeugung, dass der G-8-Gipfel keine legitime Veranstaltung ist'', sagte Seibert. Was dort beschlossen werde, sei "pure Kosmetik, die überdecken soll, dass auf der Welt wirklich alles schiefläuft". Es gebe deswegen auch keine Botschaft, die vom Alternativ-Gipfel in Richtung Heiligendamm gesandt werde. Der russische Globalisierungskritiker Boris Kagalicki bezeichnete den Alternativ-Gipfel als "Sieg, wie ihn die linken, progressiven Kräfte gebraucht haben". An der dreitägigen Mammutveranstaltung haben sich mehr als 2000 Menschen beteiligt, die Veranstalter boten mehr als 130 Workshops und Podiumsdiskussionen an.

Appell der UN

Unterdessen riefen die UN und internationale Hilfsgruppen die Staats- und Regierungschefs auf, die Entwicklungshilfe für Afrika aufzustocken. Das Thema steht am Freitag auf der Tagesordnung des G-8-Gipfels. Das Treffen in Heiligendamm biete die Chance, einen konkreten Zeitplan aufzustellen, sagte die stellvertretende UN-Generalsekretärin Asha-Rose Migiro.

Das Bündnis Weltweite Aktion gegen Armut (GCAP) forderte, die G8 müsste ihre vor zwei Jahren in Gleneagles gegebene Zusage zur Verdoppelung der Entwicklungshilfe auf 50 Milliarden Dollar jährlich bis 2010 einhalten. Bei den Verhandlungen darüber in Heiligendamm bremsten vor allem Kanada und Italien, berichteten Nichtregierungs-Organisationen.

© SZ vom 8.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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