Reaktion der Union:"Das ist eine steuerpolitische Geisterbahnfahrt"

Lesezeit: 2 min

Die Union ist empört über die Beschlüsse der Regierung zur Gemeindefinanzreform - nur Hessens Ministerpräsident Roland Koch ist anderer Meinung.

Von Nico Fried

(SZ vom 06.08.2003) - Allenthalben wählten die Vertreter der Union deftige Worte. Der Beschluss der Koalition zur Gemeindefinanzreform sei "rot-grüner Pfusch", kommentierte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer schimpfte, es sei typisch, dass der Bundesregierung wieder einmal "als einziges eingefallen ist, Steuern zu erhöhen".

Und Peter Rauen, Vorsitzender der Unions-Mittelstandsvereinigung, fand kaum ausreichend wüste Begriffe, um seine Meinung auszudrücken: "Das ist Irrsinn, was die da machen, eine steuerpolitische Geisterbahnfahrt."

Sanfte Kritik von Roland Koch

Nur einer wählte leise Töne: Ausgerechnet Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), in Sachen Steuerreform ärgster Widersacher der rot-grünen Koalition, sprach - für einen Oppositionspolitiker auffallend zurückhaltend - von einem "überfälligen Zwischenschritt". Natürlich sah auch Koch noch Korrekturbedarf, betonte aber den Zwang zum Konsens. "Die Kommunen überleben nicht, wenn wir uns streiten."

Bei den Kritikern stößt vor allem die Ausweitung der Gewerbesteuer auf Freiberufler auf heftigen Protest. Es sei widersinnig, die nächste Stufe der Steuerreform vorzuziehen, andererseits aber nun eine bestehende Steuer ausweiten zu wollen, sagte Rauen. Auch aus München kam ein klares Nein. "Wir haben immer gesagt, dass wir eine Politik nach dem Motto hinein in die rechte Tasche und heraus aus der linken Tasche nicht mitmachen", sagte Stoiber. "Deswegen werden wir diese von Rot-Grün geplante Steuererhöhung zu Lasten von mehreren hunderttausend Mittelständlern im Bundesrat ablehnen."

Stoiber fürchtet "gewaltige Umverteilungsbürokratie"

Das rot-grüne Argument, die Belastung durch die Gewerbesteuer könne bei der Einkommensteuer verrechnet werden, lassen die Kritiker aus der Union nicht gelten. Zum einen könne diese Verrechnung nur zum Teil geschehen, zum anderen führe sie zu einer "gewaltigen Umverteilungsbürokratie", so Stoiber.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) hatte schon zuvor die Ausweitung der Gewerbesteuer mit Hilfe einer Anrechnungslösung abgelehnt. Dies führe "zu einer ungeheuren Bürokratisierung und zu einer unnötigen Mehrbelastung und Ausweitung der Finanzverwaltung", so Teufel.

Vermittlungsausschuss soll Lösung finden

Nun muss nach einem Kabinettsbeschluss und der Verabschiedung der Gesetze durch den Bundestag im Vermittlungsausschuss verhandelt werden. Die Union will bei den Gegenforderungen einen Schwerpunkt darauf legen, den Kommunen einen größeren Anteil der Gewerbesteuereinnahmen zu belassen. Stoiber und Meyer kündigten zudem an, nicht nur die Einnahmen der Kommunen zu verbessern, sondern auch auf eine Reduzierung ihrer Ausgaben zu dringen.

Als Erfolg wertete die Union, dass eine ertragsunabhängige Besteuerung von Unternehmen vom Tisch ist. Nur Peter Rauen traut dem Braten noch nicht. Er wisse nicht, was der Kanzler mit seiner Ankündigung meine, ertragsstarke Unternehmen stärker heranzuziehen. Rauen fürchtet, dass dafür eine Mindeststeuer eingeführt werden soll, die dann bei schwachen Unternehmen doch an die Substanz ginge. Eine Bewertung dafür hatte Rauen schon parat: "Wahnsinn."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: