Reaktion auf die Pannen vor dem 11.9.:Bush will die Sicherheitsdienste reformieren

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US-Präsident George W. Bush hat einen Umbau der Sicherheitsbehörden seines Landes in Aussicht gestellt. Er reagiert damit auf Unmut über die Informationslücken bei der Bundespolizei FBI und dem Geheimdienst CIA vor dem 11.September 2001.

Justizminister John Ashcroft geriet besonders heftig in die Kritik, weil er die Gefahr durch Terroristen in den USA unterschätzt haben soll.

Bush kündigte dies an, bevor die Leiter der Sicherheitsbehörden vor der Untersuchungskommission des Kongresses zum 11.September aussagen sollten.

Bush sagte während des Besuchs des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Texas, dass es "nun Zeit ist, die Nachrichtendienste auf Vordermann zu bringen und sie zu reformieren".

Der Präsident machte deutlich, dass er schon seit einiger Zeit über eine Veränderung nachdenke und den Empfehlungen der Untersuchungskommission zum 11. September positiv entgegensehe. Bushs Bemerkung sollte nach Einschätzung von Beobachtern auch den Druck mildern, der durch die Anhörungen der vergangenen Tage auf Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und damit auf dem Weißen Haus gelastet hatte.

Das Weiße Haus streute Informationen über verschiedene Reformmodelle. Eine Variante sieht vor, dass der Geheimdienst CIA mit den verschiedenen ihm zugeordneten Behörden gestärkt werde. Die Bundespolizei FBI könnte hingegen Kompetenzen verlieren, vor allem bei der Terror-Früherkennung und -Bekämpfung in den USA. Diese Aufgabe könnte der neu geschaffenen Behörde für Heimatschutz zugeteilt werden.

Bereits kurz nach den Attentaten vom 11. September hatte Bush erwogen, einen Inlandsgeheimdienst ähnlich dem britischen MI 5 zu gründen. Diese Idee wurde damals verworfen, ist nun aber ebenfalls wieder im Gespräch. Eine weitere Möglichkeit sieht vor, innerhalb des FBI eine Anti-Terror-Behörde zu schaffen, die dann auch Zugriff auf das Ermittlungs-Material der Bundespolizei hätte.

Klage über Geldmangel

Der frühere FBI-Direktor Louis Freeh rechtfertigte die Arbeit seiner Behörde und beklagte vor dem Untersuchungsausschuss, dass die Arbeit des FBI durch Geldmangel und unzureichende Befugnisse beeinträchtigt worden sei. Die Bundespolizei habe nur dreieinhalb Prozent des gesamten Budgets zur Terrorbekämpfung erhalten. Freeh war von 1993 bis Juni 2001 Chef der Bundespolizei.

Die Kritik der Kommission konzentrierte sich neben der Bundespolizei FBI vor allem auf Justizminister Ashcroft. Im Entwurf eines Zwischenberichts der Kommission wird Ashcroft vorgeworfen, sich für Terrorismusfragen nicht interessiert zu haben. Der Justizminister habe vor dem 11. September dem Thema keine Priorität gegeben. Als Kronzeuge wird der damalige Interims-Chef des FBI, Thomas Pickard, genannt, der sich über das mangelnde Interesse Ashcrofts an der Terror-Bedrohung beklagte. Ashcroft ließ die Vorwürfe unterdessen zurückweisen und beharrte darauf, dass er von den Sicherheitsdiensten keine ernst zu nehmende Warnung erhalten habe.

Potenzielle Ziele für terroristische Angriffe hätten alle außerhalb der USA gelegen. Das Memorandum aus dem Weißen Haus vom 6. August 2001, in dem Bush direkt vor einem Angriff auf amerikanischem Territorium gewarnt worden war, habe Ashcroft nicht gesehen.

Beobachter gehen davon aus, dass sich die Vertreter der Sicherheitsdienste weiterhin wechselseitig die Schuld zuweisen werden. Schon dadurch werde das Ausmaß der Rivalität und die mangelnde Kooperation deutlich. Außerdem werde der Druck von Bush und der politischen Führung genommen, wenn weitgehend anonyme Behörden für Fehler verantwortlich gemacht würden.

Das Weiße Haus erwartet für den Wahlkampf eine neue Debatte über die Qualität von Geheimdienstinformationen und die Arbeit der Behörden, wenn das Thema Massenvernichtungswaffen und Irak wieder auf die Tagesordnung gerät.

Bush selbst kündigte für die späte Nacht eine Stellungnahme an, die von allen großen Fernsehsendern der USA live übertragen werden sollte. Es wurde erwartet, dass der Präsident ausführlich über die Sicherheitsdienste reden und außerdem die sich zuspitzende Lage im Irak kommentieren würde.

Bush war mehr als eine Woche lang nicht öffentlich aufgetreten, während seine Sicherheitsberaterin und das Weiße Haus heftiger Kritik ausgesetzt waren.

© SZ vom 14.4. 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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