Rätsel der Woche:Hat Nordkorea ein Problem mit Parasiten?

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Ein Soldat flieht nach Südkorea. Ärzte finden in ihm Parasiten und Würmer, ein Symptom der Versorgungskrise.

Von Christoph Neidhart

Der nordkoreanische Soldat, der vorige Woche auf seiner Flucht nach Südkorea von Schüssen schwer verletzt wurde, wird noch länger nicht vernehmungsfähig sein. Seine nachhaltigste Botschaft an die Welt haben ihm die Chirurgen jedoch schon aus dem Dünndarm gezogen: mehrere Dutzend Spulwürmer, der längste 27 Zentimeter lang. Und weitere Parasiten-Arten. Er habe noch nie einen so langen Spulwurm gesehen, so der Chirurg Lee Guk-jong. Die spektakuläre, von Überwachungskameras aufgezeichnete Flucht des Soldaten hat die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auch auf seine Krankheit gelenkt. Der Arzt Lee war schockiert über den Gesundheitszustand des 24-Jährigen, zumal dieser auch noch an Hepatitis B und Tuberkulose leidet. Jene Mediziner, die regelmäßig Überläufer betreuen, sind nicht überrascht. Die meisten Flüchtlinge - also vermutlich die meisten Nordkoreaner - leiden an ähnlichen multiplen Parasitosen, außerdem sind sie fehl- oder unterernährt.

Der Spulwurm ist ein Parasit, mit dem man sich anstecken kann, wenn man ungenügend gesäubertes Gemüse isst, das mit Kot gedüngt wurde. In vielen Ländern, einst auch in Japan und bis heute in China, gelten menschliche Fäkalien als wertvolle Ressource. Nordkorea leidet seit den 1970er-Jahren unter Düngermangel. Gemüsegärten für den Hausgebrauch wurden deshalb stets mit menschlichem Kot gedüngt. Besonders seit der Hungersnot 1994/95 gibt es auch zu wenig Vieh, das den Düngerbedarf decken könnte. Überdies glauben viele Koreaner, mit Fäkalien gedüngtes Gemüse schmecke besser. Seit neun Jahren und vor allem seit die Landwirtschaft halbwegs privatisiert ist, sollen spezielle Läden sogar menschlichen Dung verkaufen.

Vor 60 Jahren litten auch Südkoreaner an Spulwurmbefall. Die verbesserte Hygiene hat die Parasitosen weitgehend verschwinden lassen. Dazu gehört allerdings auch, dass man die Hände mit Seife wäscht. Doch an Seife dürfte es in Nordkorea fehlen.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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