Putin in Deutschland:Merkel betont enge Partnerschaft

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Mit zwei Stunden Verspätung ist der russische Staatspräsident zu einer Stippvisite in Deutschland eingetroffen. Die Kanzlerin sucht den Schulterschluss, andere Politiker äußern lautstark Kritik.

Mit mehr als zwei Stunden Verspätung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntagabend den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Wiesbaden begrüßt. Putins Abreise in Moskau hatte sich wegen schlechten Wetters verzögert.

Nach seiner Landung auf dem Frankfurter Flughafen traf Putin die deutsche Regierungschefin zu einem Abendessen in einem Restaurant im Wiesbadener Vorort Hattenheim. Merkel sagte: "Wir freuen uns, dass der Präsident hier ist. In Moskau hat es geschneit, und hier ist sternenklarer Himmel."

Zu den deutsch-russischen Konsultationen wird Putin von elf Ministern der russischen Regierung begleitet. Der Kurzbesuch soll am Montagmittag mit einer Pressekonferenz zu Ende gehen.

Am Montag wollen die Regierungen Deutschlands und Russlands im Wiesbadener Kurhaus über den weiteren Ausbau ihrer Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Wissenschaft beraten. Zu den internationalen Themen der Konsultationen zählen die Zukunft des Kosovos, der Atomstreit mit dem Iran und die Partnerschaft zwischen der EU und Russland.

An der gemeinsamen Kabinettssitzung nehmen bis auf Ulla Schmidt (Gesundheit) und Horst Seehofer (Verbraucher) alle 13 deutschen Bundesminister sowie elf russische Minister teil. Am Rande der Konsultationen sollen mehrere Vereinbarungen unterzeichnet werden.

Mit Präsident Wladimir Putin könne sie offen über Meinungsverschiedenheiten sprechen, sagte Merkel vor Beginn der deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Wiesbaden. "Aber wir stellen auch viele Gemeinsamkeiten fest." Aus dem Kreml hieß es am Sonntag, beide Seiten würden ihren "freimütigen und vertrauensvollen Dialog" über außenpolitische Fragen fortsetzen.

Politiker von CDU, SPD und Grünen kritisierten Putin zuvor für seinen innen- und außenpolitischen Kurs. Der frühere sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow nahm den russischen Präsidenten dagegen in Schutz. "Putin hat einen sehr ordentlichen Job gemacht", sagte er in Wiesbaden.

Putin will bei seinem Kurzbesuch auch die Pläne der USA zur Errichtung eines Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien thematisieren. Der russische Präsident hatte wegen des Vorhabens am Freitag ein Abrüstungsabkommen zwischen Russland und der USA von 1987 in Frage gestellt.

Deutsche Politiker kritisieren Putins Kurs

Putin wird nach jetzigem Stand zum letzten Mal als Präsident an den deutsch-russischen Regierungskonsultationen teilnehmen. Im März wird in Russland ein neuer Staatschef gewählt. Putins Überlegungen zu einem Wechsel auf den Posten des Ministerpräsidenten sorgen bei deutschen Regierungs- und Oppositionspolitikern weiter für Unmut.

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sprach von einem "drohenden scheinlegalen Putsch. Der SPD-Außenpolitiker Gert Weisskirchen sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, für die Entwicklung Russlands sei es unverzichtbar, dass die Grundsätze der Verfassung strikt eingehalten werden. Diese verbieten Putin eine dritte Amtszeit.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), warf Putin in der Frankfurter Rundschau vor, auf internationaler Ebene Konflikte geradezu heraufzubeschwören. Mit seinem "hemdsärmeligen Vorgehen" mache Russland sich keine neuen Freunde. Innenpolitisch gebe es ein "Klima der Einschüchterung".

Gorbatschow weist Kritik an Umgang mit Medien zurück

Gorbatschow verteidigte die Politik Putins. Der Präsident habe aus der Situation in Russland die richtigen Schlussfolgerungen gezogen, sagte er beim "Petersburger Dialog", einem deutsch-russischen Diskussionsforum, auf dem auch Merkel und Putin am Montag sprechen werden.

Als Putin ins Amt gekommen sei, habe er das Chaos geerbt. Bildungs- und Gesundheitssystem sowie die Armee seien auseinander gefallen. Inzwischen habe Russland seine Position zum Besseren gewandelt. Der frühere Staatschef widersprach auch der westlichen Kritik an der Situation der Pressefreiheit in Russland und warb um Verständnis für die russische Situation.

Der Weg zu einer freiheitlichen Gesellschaft brauche Zeit: "Der Versuch, einzelne Phasen zu überspringen, hilft nichts." Gorbatschow räumte zwar ein, dass Russland stärker und selbstbewusster werde. Das Land wolle aber kein Gegengewicht zur Nato darstellen: "Wir haben nicht die Absicht, Kriege zu führen."

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