Putin-Besuch:Russland und Deutschland besiegeln Ostsee-Pipeline

Lesezeit: 2 min

Die Konzerne Gasprom, BASF und Eon haben ein milliardenschweres Abkommen unterzeichnet, das den gemeinsamen Bau des Prestigeprojekts bis 2010 vorsieht. Dieses solle die deutsche Energieversorgung auf Jahrzehnte sichern, so Kanzler Schröder.

Durch die rund 1200 Kilometer lange Röhre soll Gas von der russischen Hafenstadt Wyborg nahe St. Petersburg nach Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern transportiert werden. Aus Polen und Litauen kam erneut Kritik an dem Vorhaben.

Bester Laune waren Bundeskanzler Gerhard Schröder und der russische Präsident Putin bei ihrem Treffen in Berlin (Foto: Foto: AP)

Schröder und Putin begrüßten das Gemeinschaftprojekt. "Deutschland sichert sich damit einen Großteil seiner Energieversorgung auf Jahrzehnte", hob der Kanzler hervor. Mit Blick auf die Befürchtungen aus den osteuropäischen Ländern fügte er hinzu, dass die geplante Pipeline "gegen niemanden gerichtet" sei. Der Bau "dient deutschen Interessen und russischen Interessen. Ich wüsste nicht, was daran falsch sein sollte", sagte Schröder. Polen und die Baltenstaaten fühlen sich durch das Projekt übergangen.

Gasprom hält an der Pipeline 51 Prozent, BASF und Eon jeweils 24,5

Durch die Pipeline sollen zunächst etwa 27,5 Milliarden Kubikmeter des größtenteils aus Westsibirien stammenden Gases pro Jahr strömen und in Deutschland und Westeuropa verteilt werden. Später soll die Menge auf mehr als 50 Milliarden Kubikmeter steigen. Bisher liefert Russland jährlich etwa 116 Milliarden Kubikmeter Gas nach Westen. Der Rohstoff wird in Überland-Pipelines durch die Ukraine, Weißrussland, Polen und die Slowakei nach Westeuropa befördert.

Deutschland ist an einer Erhöhung der Gasimporte interessiert, weil der Bedarf steigt. Derzeit kommt gut ein Drittel des in Deutschland verbrauchten Erdgases aus Russland. Jede zweite deutsche Wohnung wird mit Gas beheizt, in drei Viertel aller Neubauten wird eine Gasheizung eingebaut. Für die Bundesregierung sind stabile Energielieferungen auch angesichts der Preisrekorde an den Energiemärkten ein vordringliches Thema. Russland verfügt über rund ein Viertel der weltweiten Reserven des Energieträgers.

An der Ostsee-Pipeline wird Gasprom mit 51 Prozent beteiligt sein, BASF und Eon mit jeweils 24,5 Prozent. Die deutschen Unternehmen verstärken damit ihre enge Bindung an Gasprom. Eon ist über die Tochter Ruhrgas mit 6,5 Prozent an Gasprom beteiligt. Im April hatte das russische Monopolunternehmen allerdings auf der Hannover-Messe verkündet, dass BASF als erstes ausländisches Unternehmen an der Erschließung des riesigen sibirischen Gasfeldes Juschno Russkoje beteiligt wird.

Kritik aus Polen und Litauen

Auf große Skepsis stößt die geplante Ostsee-Pipeline in Polen und den baltischen Ländern. Der polnische Ministerpräsident Marek Belka bezeichnete das Projekt auf einem Wirtschaftsforum im südpolnischen Krynica als "politisches Problem". Russland wolle damit "Stärke zeigen". Nach Expertenmeinung sei der Bau einer Pipeline unter der Ostsee wesentlich teurer als eine Leitung durch Polen, betonte der Regierungschef.

Der frühere litauische Regierungschef Vytautas Landsbergis warnte davor, dass mit der Leitung auf längere Sicht das strategische Gleichgewicht in Europa verschoben werde. Nach dem Bau der Leitung vorbei an den baltischen Staaten und Polen habe Russland künftig ein Gaspreis-Monopol und könne so die Politik der Nachbarländer beeinflussen, erklärte der jetzige Europa-Abgeordnete.

Der russische Ölkonzern Rosneft und mehrere westliche Banken schlossen am Rande des Putin-Besuchs in Berlin einen Vertrag über einen Großkredit. ABN Amro, Dresdner Kleinwort Wasserstein, JP Morgan und Morgan Stanley borgen dem Staatsunternehmen insgesamt 7,5 Milliarden Dollar, teilten die Banken mit. Rosneft hatte Ende 2004 über einen Zwischenschritt die Yukos-Fördertochter Yuganskneftegas erworben. Das Geschäft war im Ausland kritisiert worden, weil der Kreml damit seine Kontrolle über die Energiequellen des Landes stärkte. Von der geplanten Fusion von Gasprom und Rosneft hat Moskau inzwischen wieder Abstand genommen.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: