Wenn Russland in den vergangenen Jahren unfreundliche Botschaften verkünden wollte, tat es dies meistens mit System. Erst schreckte ein hoher General oder Minister mit markanten Worten den Westen auf, dann kam Wladimir Putin und beruhigte die Gemüter. Putin hat sich so lange das Wohlwollen der Europäer als ausgleichender Kremlchef gesichert.
Diesmal aber stand dem russischen Präsidenten gar nicht der Sinn danach, den Worten seines Verteidigungsministers Sergej Iwanow über das geplante amerikanische Raketenabwehrsystem die Schärfe zu nehmen. Warnend und klar wie selten zuvor nahm sich Putin die Amerikaner vor.
Sagte, die USA hätten in fast allen Bereichen die Grenzen überschritten, geißelte die Osterweiterung der Nato und erklärte en passant, selbstredend verfüge Russland über Waffen, die den geplanten Abwehrschirm überwinden könnten.
Verbale Abrüstung
Wer will, kann sich an die Rhetorik des Kalten Krieges erinnert fühlen, aber so weit ist es noch lange nicht, und schon bald wird die Zeit der verbalen Abrüstung kommen.
Die Anzeichen mehren sich bereits in München, dass auch viele Europäer die Raketenabwehrpläne der USA mit Skepsis sehen, dass zumindest wachsender Gesprächsbedarf auch innerhalb der Nato besteht. Und damit hätte der russische Präsident immerhin ein Ziel bereits erreicht.
Offensichtlich hatten die USA damit gerechnet, Russland werde sich - ähnlich wie bei der Nato-Erweiterung - irgendwann schon nolens volens mit dem neuen Raketenabwehrgürtel abfinden. Doch Moskau ist breitbrüstiger geworden und selber auf dem Weg zu einem global player.
Die Europäer scheinen Russlands Sorgen inzwischen ernst zu nehmen, Washington sollte nun nachziehen.