Proteste angekündigt:Deutschland vor neuem Ärztestreik

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Nach dem dreimonatigen Arbeitskampf an den Universitäts-Kliniken steht den Patienten von der kommenden Woche an ein neuer großer Ärztestreik bevor. Bei einer Urabstimmung an Kreiskrankenhäusern und städtischen Kliniken zeigten sich die Ärzte kampfbereit.

Bei einer Urabstimmung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) unter den Ärzten an Kreiskrankenhäusern und städtischen Kliniken sprachen sich 97,1 Prozent der Teilnehmer für einen Arbeitskampf aus.

Der MB-Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery teilte am Samstag in Berlin weiter mit, an diesem Montag werde es erste Streiks in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen geben. Einen Notfalldienst werde man sicherstellen.

Im Tarifkonflikt bei den mehr als 700 kommunalen Kliniken fordert der MB für die insgesamt 70 000 Ärzte einen eigenen Tarifvertrag, mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. "Wir brauchen jetzt einen eigenständigen Tarifvertrag mit anständigen Erhöhungen", sagte Montgomery vor Journalisten.

"Unerträgliche Arroganz"

Die große Zustimmung zum Streik sei die "Quittung für eine schier unerträgliche Arbeitgeberarroganz". Im MB seien 55 000 kommunale Klinikärzte organisiert. Zur Beteiligung an der Urabstimmung machte Montgomery in Berlin keine Angaben.

Aus Sicht der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) gefährdet der Ärztestreik massiv die Versorgung der Patienten. VKA- Hauptgeschäftsführer Manfred Hoffmann sagte am Samstag der dpa, die vom MB geforderten Gehaltserhöhungen seien nicht finanzierbar.

Die kommunalen Kliniken seien in erster Linie auf Geld der Krankenkassen angewiesen. Zudem seien die kommunalen Klinikärzte bereits "die am besten verdienende Berufsgruppe des öffentlichen Dienstes".

VKA-Verhandlungsführer Otto Foit erklärte, man habe dem MB die weitere Verhandlungsbereitschaft über einen arztspezifischen Tarifvertrag angeboten. Die Ärztegewerkschaft solle endlich die finanziellen Möglichkeiten der kommunalen Krankenhäuser in ihre Position einbeziehen.

"Beispiellose Kostenlawine"

"Wir fordern den Marburger Bund auf, umgehend wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren um auf dem Boden des Machbaren zu einem Tarifabschluss zu kommen." Der VKA plädiert für eine Übernahme des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, warnte im Bremer "Kurier am Sonntag" vor einer "beispiellosen Kostenlawine". Der Vorsitzende des Interessenverbandes der Kommunalen Krankenhäuser (IVKK) Hansjörg Hermes, sagte dpa, eventuelle höhere Personalkosten der Kliniken müssten durch Stellenkürzungen kompensiert werden.

Streikschwerpunkte sollen nach MB-Angaben zunächst kommunale Kliniken in Ballungsgebieten sein. In Bayern würden an diesem Montag unter anderem vier Kliniken in München bestreikt sowie kommunale Krankenhäuser in Augsburg und Nürnberg.

Praxisstreiks angekündigt

Dazu kämen Kliniken in Frankfurt-Höchst sowie in Baden-Württemberg Göppingen und Offenburg. Am Dienstag gebe es Streiks in Offenbach, ab Mittwoch auch in Bremen.

Auch niedergelassene Ärzte wollen in dieser Woche wieder mit Praxisschließungen für mehr Geld und weniger Bürokratie kämpfen. Betroffen sind Praxen in Baden-Württemberg und in Berlin.

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