Programm gegen die Krise:Ein Paket für alle

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Wer bekommt was? Die Koalition hat ein milliardenschweres Konjunkturprogramm beschlossen. Die Eckpunkte im Überblick - und in einer ersten Bewertung.

Das schuldenfinanzierte Konjunkturpaket soll in diesem und im kommenden Jahr das schwache Wirtschaftswachstum anregen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

(Foto: Foto: dpa)

Öffentliche Investitionen

Das Vorhaben: Kernstück ist ein öffentliches Investitionsprogramm. Das Geld fließt in die Sanierung von Schulen und Hochschulen, aber auch in die Verbesserung von Verkehrswegen oder in die Breitbandtechnologie.

Die Kosten: Rund 18 Milliarden Euro. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund nennt das Konjunkturpaket ein Hoffnungssignal für Städte und Gemeinden, aber auch für die Wirtschaft.

Die erhoffte Wirkung: Mit dem Paket soll die Wirtschaft angekurbelt werden - hier kann die Politik in der Tat Hoffnung haben. Das Geld sorgt direkt für Beschäftigung, insbesondere bei Baufirmen. Über einen Multiplikator-Effekt (Bauarbeiter haben künftig mehr Geld, das in den Konsum fließt) wird das Einkommen vergrößert. Volkswirtschaftlich verbessert sich die Grundausstattung der Republik.

Steuern

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Das Vorhaben: Der Eingangsteuersatz sinkt vom 1. Juli an von 15 auf 14 Prozent. Zudem wird der steuerfreie Grundfreibetrag um 340 auf 8004 Euro angehoben.

Die Kosten: Neun Milliarden Euro in zwei Jahren.

Die Urheber: Auf Steuersenkungen drang immer wieder die CSU. Am Ende präsentierte auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine Senkungsidee, wonach der Eingangssatz von 15 auf sogar zwölf Prozent fallen sollte.

Die erhoffte Wirkung: Ein deutliches Loch im Staatshaushalt, bei unsicherer Wirkung. Werden die Bürger das Geld wirklich ausgeben oder in Erwartung einer Verschlimmerung der Krise sparen? Von den Steuersenkungen profitieren auch jene 80 Prozent der deutschen Firmen, die Einkommensteuer zahlen.

Abgaben

Das Vorhaben: Der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung sinkt ebenfalls vom 1. Juli an von 15,5 Prozent auf 14,9 Prozent - paritätisch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Die Kosten: Neun Milliarden Euro bis Ende 2010.

Die Urheber: Die SPD wollte zunächst nur Arbeitnehmer und Rentner entlasten und den von ihnen getragenen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent abschaffen. Die Union verhinderte Sonderentlastungen für die Arbeitnehmer.

Die Wirkung: Milliardenzuschüsse des Bundes für den Gesundheitsfonds sind nötig. Treibt das Defizit weiter hoch. Auch hier ist unklar, was die Arbeitnehmer mit dem zusätzlichen Geld machen. Positiv: Die (sehr kleine) Entlastung der Firmen von den viel zu hohen Lohnnebenkosten.

Mehr Geld für Familien

Das Vorhaben: Für jedes Kind wird ein einmaliger Bonus von 100 Euro gezahlt.

Die Urheber: Gefordert hatte die SPD zunächst 200 Euro pro Kind. Außerdem bekommen Hartz-IV-Empfänger je Kind zwischen sechs und 13 Jahren künftig 35 Euro mehr im Monat.

Die erhoffte Wirkung: Eine Kaufkraftstützung der Familien und ärmeren Bevölkerungsschichten - die einen größeren Teil ihres Einkommens für Konsum ausgeben als Reiche.

Reichensteuer

Das Vorhaben: Die Einkommensteuer für Gutverdiener sollte befristet von 45 auf 47,5 Prozent steigen, um Bildungsinvestitionen zu ermöglichen.

Die Urheber: SPD. Die Union lehnt diese Reichensteuer ab. Der Vorschlag ist gescheitert.

Autobranche

Das Vorhaben: Es kommt eine Umweltprämie. Wer ein neun Jahre altes Fahrzeug abmeldet und dafür einen Neuwagen oder einen Jahreswagen kauft, erhält 2500 Euro. Der alte Wagen muss dem Eigentümer zuvor mindestens ein Jahr gehört haben.

Die Kosten: 1,5 Milliarden Euro.

Die Urheber: Hier hat sich die SPD durchgesetzt. Die Union befürchtete bisher, dass die deutsche Industrie davon nicht profitiert - weil die Kunden auch ausländische Modelle kaufen.

Die erhoffte Wirkung: Mit der Abwrackprämie soll die krisengeschüttelte Autoindustrie unterstützt werden. Der Effekt ist unsicher. Mitnahmeeffekte sind sehr wahrscheinlich. Zudem soll die Kfz-Steuer zum 1. Juli vom Hubraum auf den CO2-Ausstoß umgestellt werden.

Rettungsschirm für Unternehmen

Das Vorhaben: Bei der Staatsbank KfW wird ein "Kredit- und Bürgschaftsprogramm" für Kredite an Großunternehmen aufgelegt. Damit kann die KfW bis zu 80 Prozent des Risikos der kreditgebenden Hausbank übernehmen.

Die Kosten: Bis zu 100 Milliarden Euro.

Die erhoffte Wirkung: Es soll nur um Finanzierungshilfen wegen der schleppenden Kreditvergabe der Banken gehen, nicht aber um Kapitalbeteiligungen des Staates an Unternehmen. Verschärft das Haushaltsdefizit enorm, könnte die Wirtschaft an das "süße Gift" der Subventionen gewöhnen.

Kurzarbeit

Das Vorhaben: Kurzarbeit soll attraktiver werden. Dazu erhält die Bundesagentur für Arbeit mehr Geld. Im ersten Konjunkturpaket hatte die Koalition schon die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von sechs auf 18 Monate beschlossen.

Die erhoffte Wirkung: Geplant war bisher, dass der Staat nun auch noch einen Teil der Sozialbeiträge für Kurzarbeiter übernehmen soll, die bisher voll vom Arbeitgeber getragen werden müssen - doch konkrete Beschlüsse dazu wurden am Montagabend nicht bekannt. Der Wirtschaft gehen die aktuellen Entscheidungen nicht weit genug.

Schuldenbremse und Tilgungsfonds

Das Vorhaben: Die große Koalition will die Netto-Kreditaufnahme mit einer Schuldenbremse künftig drastisch begrenzen. In Zukunft soll gesamtstaatlich in normalen wirtschaftlichen Zeiten eine Verschuldung nur noch in Höhe "von maximal 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) zulässig sein". Die europäische Schuldengrenze liegt bei 3,0 Prozent des BIP.

Die erhoffte Wirkung: Nicht mehr als ein Verbal-Akt. Die Koalitionäre machen Schulden über Schulden. Die Nettoneuverschuldung wird mit dem geplanten Konjunkturpaket auf 50 Milliarden Euro getrieben - ein Negativrekord.

© AP/Reuters/gdo/jja/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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