Preußische Treuhand:Vertriebene wollen Polen verklagen

Bei seinem Besuch in Warschau hatte Kanzler Schröder deutlich die Entschädigungsforderungen der deutschen Vertriebenen abgelehnt. Denen ist das egal: Sie klagen trotzdem, und zwar gleichzeitig in Polen und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Die Vertriebenenorganisation "Preußische Treuhand" kündigte an, die ersten Klagen auf Rückgabe ehemals deutschen Eigentums in Polen noch in diesem Jahr einreichen zu wollen. Das sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der Organisation, Rudi Pawelka, der Berliner Zeitung.

"Normalerweise muss man zunächst den Instanzenweg in einem Land durchlaufen", so der Vertriebenenpolitiker, der auch Vorsitzender der schlesischen Landsmannschaft ist. Aber es gebe inzwischen deutliche Aussagen, dass polnische Gerichte alle Ansprüche abweisen werden.

Deshalb gehe man gleichzeitig vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, damit keine Zeit verloren werde. "Dann werden wir ja sehen, mit welchen Mitteln die Politik auf die Unabhängigkeit der Gerichte einwirken wird", sagte Pawelka.

Steinbach: Bund soll Vertriebene entschädigen

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich zum 60. Jahrestag des Warschauer Aufstandes am Sonntag klar gegen die von der "Preußischen Treuhand" erhobenen Entschädigungsforderungen gewandt und erklärt, dies auch vor Gericht deutlich machen zu wollen.

Die SPD-Fraktion wies unterdessen in deutlichen Worten die Forderung aus Vertriebenenkreisen nach einem Entschädigungsgesetz zurück. "Das steht überhaupt nicht zur Debatte", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Angelica Schwall-Düren dem gleichen Blatt. Es habe bereits einen milliardenschweren Lastenausgleich für die Vertriebenen gegeben. Zudem sei es juristisch mindestens umstritten, wenn nicht unmöglich, dass ein Staat per Gesetz individuelle Ansprüche nicht zulasse.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Meckel sagte der Zeitung, es gebe in Deutschland keinen politischen Konsens, "dass die Steuerzahler für die Entschädigung der Vertriebenen aufkommen sollen". Zuvor hatte die CDU-Abgeordnete und Chefin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, die Bundesregierung aufgefordert, Vertriebene selbst zu entschädigen, um entsprechende Forderungen an Polen zu verhindern.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: