Preiskampf:Gasprom pumpt zusätzliches Gas für Europa durch die Ukraine

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Der russische Energieversorger hat nach Klagen west- und mitteleuropäischer Abnehmer über Lieferverluste mehr Gas in Richtung Westen exportiert. Die 95 Millionen Kubikmeter sollen jene Menge ersetzen, die die Ukraine nach Gasprom-Sicht illegal entwendet habe.

Der Stopp der russischen Gaslieferungen an die Ukraine ist nun auch in Deutschland zu spüren. "Wir bekommen eindeutig weniger als vertraglich vorgesehen, aber wir können das noch nicht genau beziffern", sagte eine Sprecherin des deutschen Marktführers Eon Ruhrgas. Sollten die Störungen beim russischen Gas länger andauern, will Ruhrgas mehr Gas aus anderen Ländern importieren.

Auch ein Sprecher des Versorgers Wingas bestätigte einen Druckabfall in der Pipeline, die über die Ukraine laufend russisches Gas nach Deutschland leitet. Ein Prozentsatz des Ausfalls sei derzeit aber nicht bezifferbar, die Lieferungen seien schwankend.

Mindestens fünf weitere Länder betroffen

Die deutschen Haushalte müssen sich Bundeswirtschaftminister Glos zufolge keine Energie-Sorgen machen. "Wir haben Gott sei Dank gefüllte Speicher und auch natürlich Lieferbeziehungen zu vielen anderen Gas-Lieferländern", sagte Glos. Deutschland bezieht 36 Prozent seiner Gasimporte aus Russland.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministerium erklärte, dass auch bei einem vollständigen Stopp der russischen Lieferungen über die Ukraine die Versorgung in Deutschland für 75 Tage sichergestellt wäre.

Auch in Österreich kam nach dem Lieferstopp an die Ukraine etwa ein Drittel weniger russisches Gas an als in den Verträgen vereinbart.

Seit Sonntagabend erhält Ungarn um 25 Prozent weniger russisches Erdgas als vertraglich vereinbart. Deshalb stellten mehrere Kraftwerke auf den Betrieb mit Heizöl um.

Polen und die Slowakei meldeten ebenfalls einen Rückgang der russischen Gaslieferungen über die Ukraine.

Der Umfang der Gaslieferungen aus Russland nach Rumänien sank um 25 Prozent. Wirtschaftsminister Codrut Seres berief für Dienstag eine Krisensitzung ein.

Russland hatte am Sonntag seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt, nachdem sich die beiden Länder nicht auf den Preis einigen konnten.

Russland behauptet, dass Kiew nun jene durch das Land führende Pipelines anzapfen würde, die verschiedene europäische Länder mit russischem Erdgas versorgen.

Streit um drastische Preiserhöhung

Die Ukraine will im Streit um drastisch erhöhte Bezugspreise für russisches Gas europäische Experten zu Rate ziehen. "Wir werden unabhängige Fachleute einladen, die sich in den Konflikt einmischen könnten und uns ihre Einschätzung mitteilen", sagte Regierungschef Juri Jechanurow am Sonntagabend in Kiew.

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko bezeichnete den Preis von 230 Dollar (195 Euro) je 1000 Kubikmeter als "inakzeptabel". Man müsse neu verhandeln, forderte er.

Der russische Energieversorger Gasprom hat den bisherigen Gaspreis für die Ukraine um fast das Fünffache auf international übliche 230 Dollar erhöht. Da Kiew bislang maximal 80 Dollar zu zahlen bereit ist, hat Gasprom nach Auslaufen des Altvertrages am Neujahrsmorgen die Gaslieferungen an die Ukraine gestoppt.

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