Praxis-Gebühr:Patienten-Schwund bei Fachärzten

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Die Praxis-Gebühr zeigt offenbar Wirkung. Wie die Facharzt-Verbände mitteilten, saßen im Dezember und Januar bis zu 15 Prozent weniger Patienten in den Wartezimmern. Gleichzeitig berichtet die Ärzteschaft von einer großen Verunsicherung der Patienten durch die Gebühr.

Von Heidrun Graupner

(SZ vom 18.2.2004) Seit der Einführung der Praxisgebühr am 1.Januar ist die Zahl der Patienten in den Arztpraxen deutlich zurückgegangen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sank die Zahl der Arztbesuche von Dezember auf Januar um zehn bis 15 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr um fünf bis acht Prozent.

KBV-Sprecher Roland Stahl glaubt aber nicht, dass die Ursache für diesen Rückgang allein die Praxisgebühr von zehn Euro im Quartal ist, "dies ist noch kein Zeichen dafür, dass das Instrument Praxisgebühr wirkt".

Große Verunsicherung bei Patienten

Eine große Rolle spielt nach Stahls Worten der Vorzieheffekt der Gesundheitsreform im Dezember. Viele Patienten seien noch im alten Jahr ohne Praxisgebühr zum Arzt gegangen. Dieser Effekt sei dramatischer gewesen als bei früheren Reformen.

Außerdem sei die Verunsicherung über die Gesundheitsreform so groß, dass einige Kranke nicht zum Arzt gingen. Genaue Zahlen werde man erst Anfang April mit den Quartalsabrechnungen der Ärzte haben.

Auch bei den Kassenärztlichen Vereinigungen in Bayern, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein verweist man auf die überfüllten Arztpraxen im Dezember, vor allem bei Fachärzten. Viele Patienten hätten noch den Kassenzuschuss für Brillen mitgenommen oder sich mit Medikamenten eingedeckt. Bei der KV Nordrhein stiegen im Dezember die Ausgaben für Arzneien um 46 Prozent, bundesweit meldeten die Kassen einen Anstieg um 33 Prozent.

Fachärzte: Patienten-Schwund bis 35 Prozent

Sehr unterschiedlich sind die Trendmeldungen der Fachärzte. Die Hamburger Fachärzteverbände berichten, die Patientenzahlen seien bei Augenärzten, Urologen, Gynäkologen und Hals-Nasen-Ohren-Ärzten zwischen zehn und 35 Prozent zurückgegangen. Auch in Bayern werden vor allem auf dem Land ähnliche Zahlen gemeldet.

Beim Hausärzteverband wertet man solche Zahlen mit Vorsicht. Im Norden herrsche jetzt eine Erkältungswelle und die Praxen seien wieder rappelvoll, sagt der Sprecher des Hausärzteverbandes, Heinz Jarmatz. Auch der Hausärzteverband habe neben dem Vorzieheffekt im Dezember eine starke Verunsicherung der Patienten registriert, sie seien nicht informiert worden.

Hausärzte: Ein Umschwung nicht zu beobachten

Einige chronisch Kranke seien ausgeblieben, weil ihnen das Geld für die Praxisgebühr gefehlt habe. Sie hätten jetzt die Befreiung von Zuzahlungen erhalten, die ein Prozent ihres Einkommens übersteigen, und kämen jetzt wieder. Ein kleiner Prozentsatz von Leuten mit Bagatellerkrankungen bleibe weg, "einen Umschwung durch die Praxisgebühr können wir nicht beobachten".

Beobachtet wird dies aber bei verschiedenen Notfalldiensten. Im Raum Frankfurt sind Notfälle um zehn bis 20 Prozent zurückgegangen, in Gießen um mehr als 50 Prozent, auch Nordrhein-Westfalen meldet einen Rückgang.

Der Grund sei, heißt es bei der KV Hessen, dass viele Patienten in Notfallzentren gegangen seien, weil dort die Wartezeiten kürzer sind als zu normalen Sprechstunden. Für manche sei es möglicherweise auch ein Wochenendvergnügen gewesen.

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