Präsidentschaftswahl im Iran:Richtungsentscheidung in Teheran

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Da beim ersten Votum kein Kandidat die absolute Mehrheit erringen konnte, kommt es zur Stichwahl zwischen dem erzkonservativen Politiker Ahmadinedschad und dem gemäßigten Ex-Präsident Rafsandschani.

Die knapp 47 Millionen wahlberechtigten Iraner sind nun erneut dazu aufgerufen, den Nachfolger von Präsident Mohammed Chatami zu bestimmen, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten durfte. Bei der Stichwahl reicht eine einfache Mehrheit.

Die meisten der 28,8 Millionen abgegebenen Stimmen errang am Freitag mit rund 21,2 Prozent Akbar Haschemi Rafsandschani, gefolgt von Mahmud Ahmadi-Nedschad mit knapp 19,1 Prozent. Ahmadi-Nedschad konnte nach Medienberichten auch den als bedeutend geltenden Wahlkreis Teheran gewinnen.

Rafsandschani (70) hat innenpolitische Reformen versprochen und strebt einen Ausgleich mit dem Westen an, auch mit den in Iran als Erzfeinde geltenden USA. Ahmadi-Nedschad (48) zählt dagegen zu den führenden Vertretern der harten Linie der Islamischen Republik.

Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben des Innenministeriums bei 62 Prozent. Die Abstimmung fand unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt, nachdem in den vergangenen Tagen mehrere Bombenanschläge in Iran verübt worden waren. Dabei kamen am vergangenen Sonntag 9 Menschen ums Leben. Nach Darstellung der Regierung wollten "Terroristen" die Wähler davon abhalten, an die Urnen zu gehen.

In der ersten Runde scheiterten der Reformer und ehemalige Wissenschaftsminister Mostafa Moein und der konservative frühere Polizeichef Mohammed-Bagher Ghalibaf, die als stärkste Konkurrenten von Rafsandschani gegolten hatten. Auch der frühere Parlamentspräsident Mehdi Karrubi konnte sich angesichts eines schlechten Ergebnisses in Teheran nicht durchsetzen.

In der Islamischen Republik sind alle Staatsbürger ab dem 15. Lebensjahr wahlberechtigt. Ursprünglich hatten sich mehr als 1000 Männer und Frauen um einen Platz auf der Kandidatenliste beworben. Der von konservativen Klerikern dominierte Wächterrat hatte jedoch lediglich sieben Bewerber zugelassen.

Betrugsvorwurf

Karrubi, ein Vertrauter des scheidenden Präsidenten Mohammed Chatami, bezichtigte die ultra-konservativen Anhänger Ahmadinedschads des Wahlbetrugs. "Es hat einige seltsame Störungen gegeben. Geld hat den Besitzer gewechselt", sagte der ehemalige Parlamentspräsident. "Für mich ist diese Wahl gefälscht."

Angesichts der erzkonservativen Einstellung Ahmadinedschads zeichnete sich bei den Reformkandidaten ein Unterstützungskurs für Rafsandschani ab. Moins Wahlkampfchef Ali Schakuri Rad sagte, es sei klar, dass seine Partei sich mit aller Kraft gegen den Teheraner Bürgermeister stellen werde. Moin selbst erkärte, die aktuelle Lage verbiete einen Boykott.

Die Menschenrechtsanwältin Ebadi sagte dagegen, solange der ultrakonservative Wächterrat die Wahlen im Iran kontrollieren könne, werde sie sich an keinem Urnengang beteiligen. Sie wolle damit jedoch nicht die Bevölkerung zum Boykott aufrufen.

Die Reformerzeitung Scharg verglich die Lage mit der Situation in Frankreich während der Präsidentschaftswahl 2002, in der es der Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen in die Stichwahl gegen Staatschef Jacques Chirac geschafft hatte. "Es ist jetzt ganz klar, dass Rafsandschani die einzige Möglichkeit ist, die Demokratie im Iran zu erhalten. Wer heute über Boykott redet, übt Verrat an der Freiheit."

Ahmadinedschad ist ein ehemaliger Offizier der militant-konservativen Revolutionsgarden und seit Februar 2003 Bürgermeister von Teheran. In seinem Amt zeichnete der 49-Jährige sich vor allem durch den Versuch aus, die Hauptstadt zu "islamisieren". Kulturelle Einrichtungen ließ er schließen, die Kleiderordnung wurde verschärft, und schiitisch-religiöse Feste wurden gefördert.

Die USA betrachtet er als Feinde. Der konservative Ex-Präsident Rafsandschani gilt dagegen als Pragmatiker, der sich bereits für einen Versöhnungskurs mit den USA aussprach.

Das Innenministerium erklärte sich bereit, die Stichwahl wie vom Wächterrat gefordert am kommenden Freitag zu organisieren. Es ist das erste Mal seit der Revolution 1979, dass die Iraner in einer Stichwahl über ihren Staatschef entscheiden.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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