Post aus Teheran:"Demokratie und Liberalismus sind gescheitert"

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Mit einem 18-seitigen Brief an US-Präsident Bush hat der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad erstmals seit 27 Jahren wieder direkten Kontakt mit Washington aufgenommen. Doch dort hält man das Papier für "nutzlos".

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat in seinem Brief an US-Präsident George W. Bush Demokratie und Liberalismus für gescheitert erklärt. Diese Ideen nach westlichem Muster seien nicht in der Lage gewesen, die Ideale der Menschheit zu verwirklichen.

Ahmadinedschad (Foto: Foto: dpa)

Das 18-seitige Schreiben war der erste formelle Kontakt zwischen den Führern beider Länder seit Jahrzehnten.

Mit Blick auf den Konflikt über das iranische Atomprogramm fragt Ahmadinedschad, warum jeder technische und wissenschaftliche Fortschritt im Nahen Osten als "Bedrohung des zionistischen Regimes" dargestellt werde.

Der iranische Präsident kritisiert darin zudem die USA wegen des Einmarsches in den Irak und die Unterstützung Israels.

Die Menschen weltweit hätten das Vertrauen in die internationalen Institutionen verloren.

Zudem wirft Ahmadinedschad die Frage auf, ob die Bush-Regierung im Zusammenhang mit den Terroranschlägen des 11. September Beweise vertuscht habe.

Kritik aus Washington

Die US-Regierung hat bereits kritisiert, dass das Schreiben des iranischen Staatschefs "nicht im geringsten" auf die Sorgen der internationalen Staatengemeinschaft eingeht.

Der Brief gehe nicht auf die Sorgen der internationalen Gemeinschaft im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm ein, sagte Präsidentensprecher Scott McClellan nach Angaben des US-Senders CNN. "Es gibt da eine ganze Reihe von Bedenken, die die internationale Gemeinschaft hinsichtlich des (iranischen) Regimes hat, und der Brief scheint nicht im geringsten auf diese Bedenken einzugehen", sagte McClellan.

Wie CNN unter Berufung auf Regierungskreise in Washington weiter berichtete, kamen Außenministerin Rice und der Sicherheitsberater des Präsidenten, Stephen Hadley, nach einer ersten Durchsicht des Schreibens zu dem Schluss, dass es sich um eine breit angelegte, eher historische Betrachtung des amerikanisch-iranischen Verhältnisses handelt.

Rice bezeichnete den Brief als nutzlos für neue Lösungen.

Außenministertreffen ohne Durchbruch

Derweil konnten die Außenminister der fünf Vetomächte des Weltsicherheitsrates und Deutschlands bei Beratungen zum iranischen Atomprogramm keinen Durchbruch erzielen.

Die Formulierungen der geplanten Iran-Resolution stünden noch immer nicht fest, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in New York. Dennoch betonte er: "Wir sind heute ein gutes Stück weitergekommen."

Der Brief Ahmadinedschads spielte bei den Gesprächen keine Rolle. US-Außenministerin Condoleezza Rice habe nur gesagt, dass der Brief "zum Atomprogramm nichts Nennenswertes" enthalte, sagte Steinmeier.

Nach seinen Worten ging es bei den dreistündigen Gesprächen unter anderem um die Frage: "Wie kann man verhindern, dass (mit der Resolution) ein Automatismus in Gang gesetzt wird?"

Russland und China befürchten, dass ein unumkehrbarer Prozess seinen Lauf nimmt, wenn die geplante Resolution wie von den westlichen Ländern gewünscht auf Kapitel VII der UN-Charta verweist. Dieses Kapitel ermächtigt den Sicherheitsrat zu Sanktionen und Militärschlägen.

© sueddeutsche.de/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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