Portugal:Regierungschef Santana Lopes tritt zurück

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Weniger als fünf Monate nach seinem Amtsantritt hat der umstrittene portugiesische Regierungschef Pedro Santana Lopes seinen Rücktritt angekündigt. Die Regierung wurde von zahllosen Streitereien geplagt - Staatspräsident Sampaio hatte bereits Neuwahlen für das Parlament angesetzt.

Er werde Staatspräsident Jorge Sampaio am Montag das Rücktrittsgesuch formell präsentieren, sagte Lopes nach einer Sondersitzung seines Kabinetts in einer Fernsehansprache.

Der Chef der konservativen Regierungspartei PSD begründete dies mit der Entscheidung Sampaios zur Auflösung des Parlaments und zur Ansetzung von Neuwahlen für den 20. Februar. Sampaio hatte den Schritt mit den Dauerquerelen innerhalb der Regierung gerechtfertigt.

Lopes wies die Kritik Sampaios an seiner Amtsführung als unberechtigt zurück. Zudem stellte er die Entscheidung des Präsidenten zu Gunsten von Neuwahlen in Frage: "Warum jetzt das Parlament auflösen?" Er habe die politischen Leitlinien seines Amtsvorgängers José Manuel Durão Barroso respektiert.

Die von Sampaio angeführten Fehler seien "protokollarischer und zweitrangiger" Natur gewesen. Der Präsident habe "wenig zur institutionellen Harmonie und zur Ausgeglichenheit der Regierungsgeschäfte" beigetragen. So habe er Ökonomen angeheuert, die die Budgetpolitik seiner Regierung ablehnten.

Lopes war vor seiner Berufung zum Ministerpräsidenten Bürgermeister von Lissabon. Im Juli hatte er die Nachfolge Barrosos angetreten, der wegen seines Wechsels an die Spitze der EU-Kommission sein Amt niedergelegt hatte.

Nach seinem Amtsantritt wurde die Regierung von zahllosen Streitereien geplagt. Höhepunkt war die Auseinandersetzung um den von Lopes durchgesetzten Haushaltsplan für das kommende Jahr, der eine Lockerung der Sparmaßnahmen vorsieht, die Barroso zuvor verhängt hatte.

Hinzu kamen Vorwürfe, die Regierung mische sich in die Medien ein. Im Oktober gab ein bekannter Fernsehmoderator seinen Job auf, kurz nachdem der damalige Minister für Parlamentsangelegenheiten, Rui Gomes da Silva, in dessen Sendung die Regierung kritisiert hatte.

Im November sorgte der Rücktritt eines Ministers vier Tage nach seiner Amtseinführung für Aufsehen. Das frühere Kabinettsmitglied beschuldigte Lopes der Lüge.

Die Glaubwürdigkeit der Regierung sei von einer "Serie von Ereignissen entscheidend überschattet" gewesen, begründete Sampaio am Freitag die Notwendigkeit von Neuwahlen.

Es sei klar geworden, dass "die Instabilität sich fortzusetzen drohte". Dies hätte zu "ernstem Schaden für nationale Institutionen und das Land" führen können. Portugal könne nicht länger auf Reformen warten.

"Wir desertieren nicht"

Sampaio kündigte an, die jetzige Regierung mit beschränkten Befugnissen bis zu den Neuwahlen im Amt zu belassen.

Lopes erklärte sich damit einverstanden: "Wir desertieren nicht." Nach seinem Rückzug sagte er auch den für Montag geplanten französisch-portugiesischen Gipfel ab.

Lopes hatte sich im franzöischem Angouleme mit seinem französischen Kollegen Jean-Pierre Raffarin treffen wollen.

Vor den Neuwahlen sehen die Umfragen die oppositionellen Sozialisten, denen auch Sampaio angehört, in der Wählergunst vor der regierenden Mitte-Rechts-Koalition.

Die neu gewählte Regierung wird sich vor allem mit der schwierigen Aufgabe befassen müssen, die drohende Rezession abzuwenden. Nach Angaben der nationalen Statistikbehörde sank das portugiesische Bruttoinlandsprodukt vom zweiten zum dritten Quartal 2004 um 1.2 Prozent.

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