Porträt:Zapatero: "Die Macht wird mich nicht verändern"

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Mit einem Schlag wurde aus einem Außenseiter ein Sieger: Nach acht Jahren konservativer PP-Herrschaft zieht Jose Luis Rodriguez Zapatero als neuer spanischer Regierungschef in den Moncloa ein. Noch am Wahlabend versprach der gemäßigte Sozialist einen "ruhigen Wechsel". Doch vor allem in der Außenpolitik wird man Spaniens Rolle bald neu definieren müssen.

Von Michael Nienaber

Als er am Abend vor die Kameras tritt, schmunzelt Jose Luis Rodriguez Zapatero wieder so. Es ist dieses schelmische Lächeln, mit dem der junge Spitzenkandidat der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) bereits wochenlang von den Wahlkampfplakaten geblickt hatte. "Wir verdienen ein besseres Spanien", hatte da unter ihm und seinem spitzbübischem Lächeln gestanden.

Wahlsieger Jose Luis Rodriguez Zatapero. (Foto: Foto: dpa)

Nun plötzlich, nach den Terroranschlägen vom 11. März, der sich zunehmend verhärtenden al-Qaida-These und der verwirrenden Informationspolitik der Aznar-Regierung, hatte der bis dahin eher inhaltsleere Slogan auf tragische Weise seine eigene Kraft entwickelt.

Es ist ein überwältigender Sieg für Spaniens Linke und eine klare Absage an den autoritären Regierungsstil der konservativen Volkspartei (PP). Doch es ist ein Wahlsieg unter dem Schock des Terrors.

Bei einer ungewöhnlich hohen Wahlbeteiligung von mehr als 75 Prozent stimmten 42,6 Prozent für die PSOE und ihre "offenere Führung". Das reicht zwar gerade eben nicht für die absolute Mehrheit, doch eine regionale Partei wird sich als Mehrheitsbeschaffer schnell finden. Die PP fiel auf 37,7 Prozent von einst 45,2 Prozent zurück. Spanien schwenkt also um.

Zapatero kündigt Rückzug aus dem Irak an

"Meine dringlichste Priorität ist die Bekämpfung jeder Form des Terrorismus", kündigt der 43-jährige Zapatero am Wahlabend an. Bei dem Satz schmunzelt er freilich nicht mehr. Er wolle einen "ruhigen Wechsel". Seine Anhänger rufen ihm zu: "Nein zum Krieg!" Der charismatische Jurist aus dem kastilischen Valladolid beschwichtigt mit seinen Händen die jubelnde Menge.

Doch um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, wie seiner Meinung nach im 21. Jahrhundert Terrorismus nicht bekämpft werden solle, kündigt Zapatero gleich am Morgen im Radio an, er wolle die 1300 spanischen Soldaten aus dem Irak zurückziehen. Es würde zwar keine Entscheidung fallen, solange er nicht die Macht übernommen und ausgiebige politische Beratungen aufgenommen hätte. "Aber die spanischen Truppen im Irak werden nach Hause kommen."

Auch in der Europäischen Union dürfte Spaniens Rolle nun neu definiert werden. Während Aznar mit seinem Konzept des "neuen, selbstbewussten Spaniens" alte Verbündete wie Deutschland und Frankreich vor den Kopf stieß und außenpolitische Maximen umdrehte, dürfte Zapatero nun wieder ins "alte Europa" einscheren. Die EU-Verfassung, die vor allem Spanien und Polen wegen ihres Stimmenverlust ablehnen, könnte jetzt vielleicht doch noch in diesem Jahr Realität werden.

Am Ziel seine politischen Träume

Nun ist Zapatero am Ziel seiner politischen Träume. Und das schneller als gedacht. Denn viele Wahlbeobachter hatten seinen ruhigen und besonnenen Wahlkampf als lasch und lahm kritisiert. Bis zum verheerenden 11-M war es Zapatero nicht gelungen, vom allgemeinen Ärger über den Irak-Krieg und den Unmut über das Missmanagement der Regierung bei der Ölkatastrophe der "Prestige" zu profitieren. "Der will wohl erst 2008 in den Moncloa (Regierungssitz) einziehen", wurde gehöhnt.

Und tatsächlich scheint Zapatero eine gesunde Distanz zur politischen Macht zu haben. "Ich will nicht um jeden Preis Ministerpräsident werden", hatte Zapatero noch im Wahlkampf gesagt. Es war eine Absage an mögliche Koalitionspartner wie die Vereinte Linke (IU), trotz eines damals noch wahrscheinlichen Wahlsiegs der rechten PP eine linke Regierung zu bilden.

Mangelnde Autorität innerhalb der eigenen Reihen

Zapatero ist laut Umfragen beliebt. Doch in weiten Teilen der Bevölkerung bestehen Zweifel, ob die Sozialisten schon wieder bereit sind für die Macht. Sie waren 1996 nach Korruptions- und Abhörskandalen abgewählt worden. Seitdem gab es drei Parteivorsitzende, die Sozialisten hinterließen oft einen zerrissenen Eindruck.

Zapatero hat seinen Laden nicht immer unter Kontrolle. Dem Generalsekretär wird mangelnde Autorität vorgeworfen, seit Kataloniens Sozialdemokraten gegen seine Empfehlung und im Widerspruch zur Parteilinie eine Koalition mit der republikanischen Linken eingingen. Deren Chef sorgte kurz darauf und mitten im Wahlkampf landesweit für Entrüstung, als bekannt wurde, dass er in Geheimverhandlungen mit der Eta-Führung einen "Waffenstillstand" für Katalonien erreicht hatte.

Doch davon will am Abend des Sieges keiner etwas wissen. Die PSOE-Anhänger jubeln noch immer. Sie sind berauscht. "Die Macht wird mich nicht verändern", verspricht Zapatero kühn. Man glaubt es ihm fast. Dieser Mann wird eher Spanien verändern.

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