Porträt:Wesley Clark

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Durchtrainiert, hochintelligent und beredt: Der General scheint viele Fähigkeiten und Attribute auf sich zu vereinen, die die Amerikaner von ihrem Präsidenten erwarten. Das Vorgehen des amtierenden Präsidenten im Krieg gegen den Terror sieht er kritisch: "Ich hätte zuerst Verbündete gegen al-Qaida gewonnen".

Von Wolfgang Koydl

(SZ vom 10.9.2003) - Eigentlich sollte man annehmen, dass Amerikas Demokraten eine reiche Auswahl an Präsidentschaftskandidaten haben. Nicht weniger als acht Männer und eine Frau wollen im kommenden Jahr George Bush herausfordern.

Doch der richtige Bewerber scheint noch immer nicht dabei zu sein, und deshalb träumt die Opposition von einer Idealbesetzung: einem Retter, der heransprengt und das Weiße Haus im Sturm zurückerobert.

Vergleiche mit Eisenhower

Als Ritter in strahlender Rüstung wird ein solcher Kandidat gern bezeichnet, und auf kaum einen zweiten Mann trifft diese Beschreibung besser zu als auf General Wesley Clark. Drahtig und durchtrainiert, hochintelligent und beredt, scheint er viele Fähigkeiten und Attribute auf sich zu vereinen, welche die Amerikaner von ihrem Präsidenten erwarten. Manche vergleichen ihn gar mit einem anderen General, der Präsident wurde: Dwight "Ike" Eisenhower.

Das Problem ist nur, dass der 58-jährige Clark sich nicht so recht entscheiden kann. "Er sitzt draußen auf der Kante", erklärte ein Freund des Vier-Sterne-Generals, der Ende der 90er Jahre als Oberkommandierender der Nato erfolgreich den Krieg im Kosovo führte.

Dass Clark zum Sprung in die Kandidatur bereit ist, glaubt auch ein anderer Vertrauter. "Er geht eben wie ein Militär an die Sache heran", meinte er. "Er will vorher wissen: Kann ich diese Schlacht gewinnen?"

Viele Demokraten trauen ihm einen Sieg zu, denn Clark hat etwas, was anderen Kandidaten fehlt: Glaubwürdigkeit in Fragen der nationalen Sicherheit. "Er könnte ganz alleine die Schwäche umdrehen, welche die Demokratische Partei drei Jahrzehnte lang bei der nationalen Sicherheit gezeigt hat", befand der Politik-Wissenschaftler Timothy Bergreen.

In der Bürokratie verhasst

Tatsächlich liest sich Clarks Biografie wie ein Leitfaden für eine modellhafte Führungsfigur: Absolvent der Militärakademie Westpoint und brillanter Rhodes-Stipendiat, im Vietnam-Krieg ausgezeichnet und wegen seiner mitunter brutalen Offenheit bei der Bürokratie im Pentagon zutiefst verhasst.

Die Bürokraten erzwangen denn auch "im Einvernehmen mit Verteidigungsminister Richard Cohen", wie es hieß, seinen vorzeitigen Abschied vom Nato-Kommando. Die Stabschefs hatten es dem Kosovo-Feldherren verübelt, dass er an ihnen vorbei direkten Kontakt zu Präsident Bill Clinton suchte - und meist auch fand.

"Ich hätte zuerst Verbündete gegen al-Qaida gewonnen"

Die Kosovo-Kampagne hat Clark zudem etwas gelehrt, was ihn von Bush unterscheidet: den Glauben an die Notwendigkeit, mit Verbündeten zusammenzuarbeiten. Dies ist der Kern seiner Kritik an Bushs Irak-Krieg, die er seit Monaten auf Tagungen und in Fernsehsendungen vorträgt.

"Ich hätte zuerst die UN und die Nato als Verbündete gegen al-Qaida gewonnen", meint Clark. "Wenn dann die Zeit reif ist, um gegen den Irak, Iran oder Nordkorea vorzugehen, hat man eine starke, entschlossene Gruppe von Alliierten."

In zwei Wochen will Clark sich nun entscheiden, ob er Präsident Bush herausfordert. Dann hält er in Iowa, wo die erste Vorwahl stattfindet, einen Vortrag. Das Thema wäre maßgeschneidert - für ihn und für den Wahlkampf: "Amerikas Führungsrolle in einer veränderten Welt."

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