Porträt:Thaksin Shinawatra

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Vom Einwanderer-Sohn zum Ministerpräsidenten. Thaksin Shinawatras Karriere war steil. Nur mit den Steuern nahm er es nicht so genau. Jetzt hat ihn das Militär im eigenen Lande entmachtet.

Während der thailändische Ministerpräsident für eine Rede vor der UN-Vollversammlung in New York weilte, wurde er vom Militär entmachtet. Der Putschführer Sonthi Boonyaratglin erlaubt ihm zwar, wieder nach Hause zurückzukehren. Doch dann müsse sich Thaksin möglicherweise vor Gericht verantworten, sagte der General.

Auch am Tag nach dem Umsturz in Bangkok sieht es nicht so aus, als wenn der kürzlich wiedergewählte, aber höchst umstrittene Ministerpräsident bald wieder daheim eintreffen würde. Seine Frau soll sich nach Singapur abgesetzt haben.

Thaksin, der vor wenigen Monaten bereits einmal zurückgetreten, dann aber an die Macht zurückgekehrt war, ist ein Garant für Extremlagen. Aus dem Stand errang er 2001 der neu gegründeten Partei TRT (Thai Rak Thai, "Thailänder lieben Thailänder") 295 von 500 Parlamentsmandaten, im Februar 2005 konnte er die Mehrheit nochmals ausbauen, die TRT zog mit 377 Abgeordneten ins Parlament ein.

Obwohl die vorgezogene Parlamentswahl in diesem April die Mehrheitsverhältnisse im Grunde bestätigte, war die Erosion der Macht offenbar nicht mehr aufzuhalten. Auf einem TV-Bildschirm im Grand-Hyatt-Hotel in New York verfolgte der 57-Jährige die Live-Bilder des Umsturzes in Bangkok mit, wo Panzer auffuhren und Soldaten seinen Amtssitz erstürmten.

Eigenen Fiskus ausgetrickst

Thaksin galt lange als politisches und wirtschaftliches Wunderkind. Zuerst stieg er zu einem der reichsten Unternehmer auf. Vom Volk wurde der Jurist, der seinen rasanten Aufstieg gern als Tellerwäscher-Märchen verkaufte, beinahe verehrt wie ein König. Doch dann bekam das Bild des Siegertyps Thaksin plötzlich einen tiefen Riss.

Ende Januar wurde bekannt, dass seine Familie ihre Anteile an dem von ihm gegründeten Telekom-Konzern Shin Corp steuerfrei für rund 1,6 Milliarden Euro nach Singapur verkauft hatte.

Die Menschen nahmen Thaksin übel, dass er den Fiskus ausgetrickst und dass er die Firma ins Ausland verkauft hatte. Wochenlange Proteste von Zehntausenden folgten - der Regierungschef löste schließlich das Parlament auf. Die vorgezogenen Neuwahlen stilisierte er zum Volksentscheid: Wenn er weniger als 50 Prozent der Stimmen bekäme, werde er sein Amt abgeben, kündigte Thaksin siegesgewiss an.

Damit schnitt er sich ins eigene Fleisch: Große Teile der Bevölkerung vor allem im Süden und in der Haupstadt Bangkok folgten dem Boykottaufruf der wichtigsten Oppositionsparteien und gaben Anfang April leere Stimmzettel ab. So gestärkt ging die Opposition auf die Gesprächsangebote des angeschlagenen Regierungschef nicht ein. Das Verfassungsgericht erklärte den Urnengang im Mai schließlich für "nicht verfassungsgemäß".

Sein enormer Ehrgeiz wurde Thaksin Shinawatra in die Wiege gelegt. Er kam am 26. Juli 1949 in der nördlichen Provinz Chiang Mai als Sohn einer Familie chinesischer Einwanderer zur Welt, die sich rasch Wohlstand erwirtschaftet hatte. Schon als Jugendlicher arbeitete Thaksin im väterlichen Unternehmen, machte in den 70er Jahren seinen Abschluss an der Polizei-Akademie. Nach der Promotion als Strafrechtler in den USA arbeitete er zunächst im Polizeidienst, stieg jedoch nach wenigen Jahren aus und gründete den Konzern Shinawatra Computer and Communications - das spätere Shin Corp. Das besonders im Handy- und Satellitenmarkt erfolgreiche Unternehmen brachte Thaksin Milliarden ein.

Posten für die Verwandtschaft

Mitte der 90er Jahre ging der Selfmademan in die Politik, gründete 1998 seine eigene Partei. 2001 wurde er erstmals zum Ministerpräsidenten gewählt. Während seiner Amtszeit beglich Thailand seine Schulden beim Internationalen Währungsfonds (IWF), das Wirtschaftswachstum stieg auf fünf Prozent. Während der Regierungschef auf dem Lande geradezu vergöttert wurde, betrachteten ihn vor allem die Intellektuellen mit Skepsis.

Wichtige Posten besetzte Thaksin gerne mit Verwandten, was ihm Vorwürfe des Machtmissbrauchs einbrachte. Thaksin galt außerdem nicht gerade als kritikfähig. Die Anschuldigungen wegen des Shin-Corp-Deals quittierte er mit einer Mischung aus Missachtung und Gleichgültigkeit. Rücktrittsforderungen konterte er mit der Floskel, er werde den politischen Sturm in Thailand schon durchstehen. Immerhin: Thaksin führte eine gewählte Regierung durch eine komplette Legislaturperiode. Das schaffte vor ihm noch keiner in Thailand.

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