Politbarometer:Bundeskanzler vor Vizekanzler

Lesezeit: 4 min

Die Stimmung im April ist günstig für Gerhard Schröder. In der Riege der zehn wichtigsten Politiker verdrängt er Joschka Fischer auf den vierten Platz. Der Vorsprung der Union vor der SPD bleibt stabil.

In den zurückliegenden vier Wochen hat sich, was die politische Stimmung betrifft, am komfortablen Vorsprung der CDU/CSU vor der SPD nichts geändert.

Der Kanzler kommt in der Gunst der Wähler besser weg als im Vormonat. (Foto: Foto: Reuters)

Die beiden großen Parteien legen jeweils um zwei Prozentpunkte zu, die SPD auf 31, die Union auf 47 Prozent.

Die Grünen erreichen nur noch 9 Prozent (-3), die FDP 5 (-1). Die PDS verbessert sich leicht auf 4 Prozent (+1).

Während sich die CDU im Westen recht stabil präsentiert und das leichte Gesamtplus für sie eher auf Veränderungen im Osten der Republik zurückzuführen ist, fällt der Zuwachs für die SPD im Westen überproportional aus, im Osten haben die Sozialdemokraten dagegen sichtbare Verluste.

Im Falle von Bundestagswahlen an diesem Sonntag käme die CDU/CSU mit einem leichten Plus auf 43 Prozent (+1), die SPD unverändert auf 31. Die Grünen würden sich auf 9 Prozent (-1) verschlechtern, die FDP läge weiterhin bei 6, die PDS unverändert bei 5 Prozent. Damit haben sich die Kräfteverhältnisse nochmals geringfügig zugunsten der Opposition verschoben; Schwarz-Gelb hätte bei der aktuellen politischen Großwetterlage im Parlament klar die Mehrheit.

Der Vorteil der Union resultiert dabei nur bedingt aus Zufriedenheit der Bundesbürger mit ihrer Rolle in der Opposition, denn auf der +5/-5-Skala ("sehr zufrieden" bis "sehr unzufrieden") werden auch die Leistungen von CDU und CSU seit einem Jahr leicht negativ bewertet. Doch während die Union mit -0,2 weiter nur knapp im Minusbereich liegt, wird die rot-grüne Regierungsarbeit mit -0,9 deutlich schlechter und bereits seit der letzten Bundestagswahl negativ eingestuft.

Keine Präferenz für bestimmte Koalition

Nach 39 Prozent im Vormonat sprechen jetzt 50 Prozent der Befragten von einem eher schlechten Verhältnis zwischen den beiden Regierungsparteien. Das Negativurteil aller parlamentarischen Kräfte komplettiert schließlich die FDP, die für ihre Oppositionsarbeit nur die Note -0,8 erhält.

Bei der Frage nach der gewünschten Koalition gibt es - für den Fall, dass nach der nächsten Wahl keine Partei alleine regierungsfähig wäre - keinen klaren Favoriten: 24 Prozent der Befragten befürworten ein schwarz-gelbes Bündnis, 23 Prozent tendieren zur großen Koalition, 19 Prozent zu Rot-Grün, 12 Prozent nennen sonstige Kombinationen, 22 Prozent wissen keine Antwort.

Dass es Gerhard Schröder wie Angela Merkel in der jeweils eigenen Partei an Rückendeckung fehlt, konstatieren die Bundesbürger schon seit längerer Zeit. Parallel zur Führungsdiskussion in der FDP meint neuerdings eine Mehrheit von 47 Prozent (43 Prozent der FDP-Anhänger), dass auch die Liberalen nicht hinter der Politik ihres Vorsitzenden Guido Westerwelle stehen.

Kabinettsmiglieder schneiden besser ab

Dass die CDU Angela Merkel einhellig folgt, glauben indes 32 Prozent aller Befragten. SPD-internen Rückhalt für den Kurs Gerhard Schröders können sogar nur 21 Prozent ausmachen. Hinter Edmund Stoiber vermuten 71Prozent eine geschlossene CSU.

Mit Ausnahme des Außenministers haben sich seit März alle Kabinettsmitglieder im Ansehen etwas verbessern können; die Vertreter der Union müssen dagegen leichte Image-Einbußen hinnehmen. Innenminister Otto Schily und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt werden von den Wahlberechtigten jetzt wieder zu den zehn wichtigsten Politikern der Republik gezählt; Friedrich Merz und SPD-Chef Franz Müntefering sind dagegen nicht mehr in der Riege der Zehn vertreten.

Platz eins hält trotz einer minimalen Verschlechterung Christian Wulff (1,1), wobei der Bekanntheitsgrad des niedersächsischen Ministerpräsidenten weiterhin erheblich unter dem aller anderen Spitzenpolitiker liegt; 41 Prozent aller Wahlberechtigten können ihn überhaupt nicht bewerten.

Neueinsteiger Otto Schily (0,5) schafft den Sprung auf Rang zwei, Bundeskanzler Gerhard Schröder (0,4) verbessert sich um zwei Plätze auf die dritte Position vor Joschka Fischer (0,4), der erneut verliert. Nach sichtbaren Einbußen rutscht die CDU-Vorsitzende Angela Merkel (0,1) zwei Plätze nach unten auf Position fünf, dahinter folgen Arbeits- und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (0,1), Edmund Stoiber (-0,1), Guido Westerwelle (-0,6), Finanzminister Hans Eichel (-0,7) und Ulla Schmidt (-0,7).

Geringes Interesse an Papstwahl

Dass die Renten auch in diesem Jahr nicht erhöht werden, halten 44 Prozent aller Befragten (49 Prozent der Berufstätigen, aber auch 36 Prozent der Rentner) für richtig; insgesamt 54 Prozent sind damit nicht einverstanden. Während sich die Mehrheit der SPD- und Grünen-Anhänger für die Nullrunde ausspricht, ist das Gros der Unions- und FDP-Anhänger dagegen.

Nach den seit 1.Januar geltenden EU-Vorschriften in Sachen Feinstaub und Luftverschmutzung wurden die neuen Grenzwerte bereits vielerorts überschritten. Vor diesem Hintergrund plädieren 62 Prozent der Bundesbürger für ein begrenztes Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge ohne Rußfilter, 35 Prozent sind gegen Beschränkungen in den betroffenen Städten.

Wenn es um die steuerliche Förderung von Fahrzeugen mit Partikelfilter geht, soll die Gegenfinanzierung nach Meinung von 44 Prozent über eine Erhöhung der Kfz-Steuer für alle anderen Diesel-Fahrzeuge erfolgen, die nicht über die neue Filtertechnologie verfügen; 16 Prozent votieren für einen Rückgriff auf allgemeine Haushaltsmittel; 29 Prozent bemerken, dass es für Diesel-Fahrzeuge mit Rußfilter überhaupt keine Steuervorteile geben solle.

Die bevorstehende Papstwahl sehen die Deutschen trotz massiver Medienpräsenz des Themas ziemlich nüchtern: Nur 34 Prozent der Befragten bekunden daran nachhaltig Interesse. Unter regelmäßig praktizierenden Katholiken sind es allerdings 88 Prozent. Eine klare Mehrheit von 66 Prozent sagt, dass sie die Vorgänge in Rom nur weniger stark oder überhaupt nicht interessieren.

Weiterhin keine Waffenlieferungen an China erwünscht

Für 57 Prozent spielt es auch keine Rolle, aus welchem Teil der Welt der neue Pontifex kommen wird. 15 Prozent wünschen sich einen Europäer, 14 Prozent einen Lateinamerikaner und 12 Prozent einen Afrikaner auf dem Stuhl Petri.

Die Pläne des Berliner Senats, auf Landesebene einem überkonfessionellen Werteunterricht Vorrang vor dem klassischen Religionsunterricht zu geben, hat bei Politikern und Kirchen bundesweit zu scharfen Protesten geführt. Allerdings meinen in der deutschen Bevölkerung nur 37 Prozent (Ost: 19; West: 41), dass es Religion als Pflichtfach geben sollte. Die klare Mehrheit von 56Prozent befürwortet stattdessen für alle Schüler ein gemeinsames Pflichtfach Ethik und Werte anstelle des Religionsunterrichts.

Während es zwischen dem Bundeskanzler und den Grünen Streit um die Aufhebung des gegen China gerichteten Waffenembargos der EU gibt, ist die Sache in der Bevölkerung eindeutig: Nur 19 Prozent der Befragten sind für, 76 Prozent gegen ein Ende des europäischen Verbots von Waffenlieferungen an China, wobei die Meinungen in den Parteianhängerschaften zur Gesamtheit nur wenig differieren.

© SZ vom 16.4.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: