Pflege:Eine Kommission gegen den Missstand

Lesezeit: 2 min

Eine Expertenkommission soll nun Ideen entwickeln, wie alte und kranke Menschen besser betreut werden können.

Andreas Hoffmann

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will eine neue Kommission berufen, die Ideen entwickeln soll, wie Missstände in deutschen Pflegeheimen behoben werden können. Das geht aus dem Entwurf zur Pflegereform hervor, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Ulla Schmidt: Eine Kommission soll Ideen entwicklen, wie man die Missstände in der Pflege beheben kann. (Foto: Foto: dpa)

Die Sachverständigen sollen Konzepte erarbeiten, mit deren Hilfe die Betreuung der Heiminsassen verbessert werden soll. Zudem soll nach Wegen gesucht werden, den Pflegekräften ihre Arbeit zu erleichtern. Durch solche Ideen würden "Unterstützung, Sicherheit und praktische Expertise im Pflegealltag vermittelt", heißt es in der Vorlage. Die neue Kommission soll von den Pflegekassen, Sozialhilfeträgern, Kommunen und Pflegeeinrichtungen gegründet werden.

Damit reagiert Schmidt auf Klagen über die oft schlechte Versorgung alter und hilfebedürftiger Menschen in den Pflegeheimen. Am Freitag hatte der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) einen neuen Bericht vorgestellt. Danach leidet jeder zehnte Heimbewohner unter Gesundheitsschäden, weil er falsch versorgt wird. Von den Daheimlebenden leidet nur jeder zwanzigste unter solchen Mängeln.

Nach den MDS-Angaben werden 34 Prozent der Heimbewohner und 29 Prozent der alten Menschen zu Hause nicht ausreichend mit Essen und Trinken versorgt. Weil die Bettwäsche zu selten gewechselt werde, lägen sich viele wund. Im Vergleich zu 2004 habe sich die Lage aber insgesamt leicht verbessert, hieß es. Für die Studie hatte der MDS Heime und 40.000 Hilfebedürftige untersucht.

Mit dem Gesetzentwurf folgt Schmidt weitgehend den Eckpunkten, auf die sich Union und SPD verständigt haben. So sollen die ambulanten Pflegedienste mehr Geld erhalten, dafür die Heime weniger. Die Einrichtungen sollen alle drei Jahre geprüft und die Berichte veröffentlicht werden, was bisher nicht der Fall ist. Dadurch soll bekannt werden, wo gut und wo schlecht gepflegt wird.

Nach Ansicht des MDS führt Schmidts Entwurf nicht generell zu mehr Transparenz in der Pflegebranche. Manche Vorschriften könnten sogar das Gegenteil bewirken. "Da ist einiges widersprüchlich", heißt es. Konkret geht es darum, wer künftig die Heime prüfen soll, um Mängel aufzudecken.

Dies übernimmt derzeit der MDS. Künftig könnten diese Kontrollen wegfallen, wenn die Heime eigene Qualitätsregeln und Pflege-Zertifikate hätten. Dies sei problematisch, weil solche Tests weniger unabhängig seien, hieß es beim MDS. Dem jüngsten Bericht zufolge gibt es zwischen "zertifizierten" und normalen Heimen kaum Unterschiede, in einigen angeblich besseren Einrichtungen würden die alten Menschen sogar schlechter versorgt.

Der Entwurf Schmidts orientiert sich an den in der Koalition verabredeten Eckpunkten. Der Pflegebeitrag steigt im Juli 2008 um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 Prozent des Bruttolohns. Demenzkranke erhalten bis zu 200 Euro monatlich für zusätzliche Leistungen, was 350.000 Menschen nützen soll.

Der Entwurf enthält auch die "Pflegezeit", wonach Angehörige bis zu zehn Tage bezahlten Urlaub bekommen, wenn ein Pflegefall in der Familie auftritt. In dieser Zeit erhält der Pflegende 70 Prozent seines sonstigen Bruttolohns, wobei die "Pflegeversicherung maximal fünf Tage gewährt".

Die Mehrausgaben der Pflegeversicherung werden durch diese Maßnahmen von 500 Millionen Euro 2008 auf 2,28 Milliarden Euro in 2012 ansteigen. Sozialverbände warnten davor, die Lage in den Heimen zu dramatisieren.

© SZ vom 1.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: