Pentagon-Bericht:Saddams Ex-Geheimdienst organisiert offenbar Angriffe auf die US-Armee

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Viele der Bombenanschläge und Attacken auf US-Soldaten und ihre Alliierten werden offenbar von Mitgliedern des irakischen Geheimdienstes M-14 geplant und mit Hilfe lokaler Guerrilla-Zellen ausgeführt.

Das geht nach Angaben der New York Times aus einem Bericht des Pentagon-Geheimdienstes DIA hervor. Wie die Zeitung berichtet, hätten sich die Iraker demnach bereits vor dem Fall der Hauptstadt Bagdad auf Aufstände vorbereitet.

Der Bericht vom 26. März sollte die Frage beantworten: Wer ist der Feind im Irak?

Eine Antwort lautet: Zu den wichtigsten Feinden gehören Offiziere einer Antiterror-Behörde, bekannt als M-14, die für die improvisierten Angriffe und Autobomben verantwortlich seien, die zu dem gegenwärtigen Chaos und der Angst im Irak beitragen.

Ehemalige Mitglieder dieser Organisation dirigieren demnach eine Terror-Kampagne gegen die US-Soldaten und ihre Verbündeten im gesamten Land und versorgen die Aufständischen mit Selbstmord-Westen und -Gürteln, die bereits vor der Invasion für die Saddam-Fedayeen hergestellt worden waren - paramilitärische Regierungstruppen, von denen sich vermutlich etliche Mitglieder an den Aufständen beteiligen.

Der Bericht, der für den Geheimdienst des US-Militärs, die Defense Intelligence Agency (DIA), angefertigt wurde, stellt darüber hinaus fest, dass eine der Selbstmörderinnen selbst ein ehemaliger Offizier des M-14 war.

Ihre Informationen gewannen die US-Geheimdienstler vor allem aus den Verhören hochrangiger M-14-Mitglieder, die sich im Gewahrsam der Amerikaner befinden.

Nach Angaben der US-Zeitung geht aus der Studie hervor, dass sich allein in der heftig umkämpften Stadt Falludscha bis zu 2000 Aufständische aufhalten, darunter ehemalige Mitglieder der Republikanischen Garden.

Diese Einheiten arbeiten vermutlich inzwischen unter der taktischen Führung der ehemaligen Geheimdienstoffiziere. "Wir wissen, dass der M-14 in Falludscha und Ramadi operiert", zitiert die New York Times ein Mitglied der Regierung.

Dass die Aufständischen alle unter dem Kommando der Ex-Geheimdienstler stünden, behaupt der Bericht nicht. Aber die Einschätzung helfe zu verstehen, wie wenige tausend Rebellen die US-Armee im Irak so stark in Bedrängnis bringen können: Unter der professionellen Führung einer kleiner Zahl von Saddams Geheimdienstleuten und erfahrenen Armee-Offizieren.

Widerstand ohne zentrale Kontrolle

Noch während die US-Armee letztes Jahr auf Bagdad marschiert war, hatte der M-14 offenbar Offiziere in wichtige Städte geschickt, um die lokalen Behörden bei der Verteidigung anzuleiten. Der Plan war, die Amerikaner und ihre Verbündeten auch ohne zentrale Kontrolle mit lokalen Zellen von Kämpfern anzugreifen - selbst wenn Saddam Hussein gestürzt wäre. Und genau dies scheint derzeit zu geschehen.

Der Bericht erklärt auch, das Anhänger des Ex-Diktators die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Besatzern anheizen und ein Klima der Angst schüren.

Erstmals öffentlich erwähnt wurde der Bericht letzte Woche während einer Aussage von Paul Wolfowitz, dem Stellvertretenden Verteidigungsminister, vor einem Kongress-Ausschuss.

Bislang hatten Regierungsvertreter und Armee-Sprecher behauptet, die Rebellen würden sich vor allen aus ausländischen Kämpfern - so genannten islamischen Gotteskriegern, aus ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei und gewöhnlichen Kriminellen rekrutieren, die wenig organisiert seien.

Dem widerspricht der Bericht des Pentagons, dessen Inhalt von Vertretern von fünf US-Bundesstaaten sowie Angehörigen des Militärs veröffentlicht wurde.

Der siebenseitige Bericht mit der Bezeichnung "Special Analysis" wurde von der Joint Intelligence Task Force verfasst, für die Offiziere und zivilen Analysten arbeiten. Bislang ist noch unbekannt, ob es sich bei dem Papier um eine einvernehmliche Einschätzung der Gruppe handelt, oder ob es abweichende Meinung gibt.

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