Patt bei Kongresswahlen:Kampf um Senat könnte Wochen dauern

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Erstmals seit zwölf Jahren dominieren die Demokraten im Repräsentantenhaus. Im Senat ist noch alles offen: Das Kopf-an-Kopf-Rennen in Virginia und Montana könnte bei einer Neuauszählung zu einem Schneckenrennen werden.

In der Abgeordnetenkammer kamen die Demokraten auf mindestens 220 Mandate und übertrafen damit die für die Mehrheit notwendige Mindestzahl von 218 Sitzen. "Das amerikanische Volk hat - von Küste zu Küste - den Wechsel gewählt.

"Heute haben wir Geschichte geschrieben", sagte die Fraktionsvorsitzende der Demokraten, Nancy Pelosi, die nun zur ersten Präsidentin der Abgeordnetenkammer in der Geschichte der USA wird. Sie forderte Präsident Bush angesichts der Niederlage der Republikaner zu einer Änderung seiner Irak-Politik auf. Diese Forderung erhob auch der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Harry Reid.

Wie stark George W. Bush in Zukunft auf die Vorstellungen der Demokraten eingehen muss, hängt allerdings von der Wahl zum Senat ab. Hier haben sich die Demokraten trotz deutlicher Zugewinne bisher nicht von den Republikanern absetzen können - beide Lager kommen auf 49 Sitze. Die Frage, wer im Senat künftig die Mehrheit hat, wird nun in den beiden Staaten Virginia und Montana entschieden.

Bei Patt entscheidet Cheney

Gewinnen Republikaner und Demokraten je einen der beiden noch offenen Plätze hinzu, ergäbe sich im Senat rechnerisch ein Patt von 50 zu 50 Mandaten. Die Republikaner hätten dann aber die Mehrheit, weil der Vizepräsident Richard Cheney als Senatspräsident die entscheidende Stimme abgeben würde.

Im Bundesstaat Montana lag der demokratische Kandidat Jon Tester mit 2000 Stimmen vor seinem republikanischen Senator Conrad Burns. Das Ergebnis in Virginia war ebenfalls hauchdünn: Der Demokrat Jim Webb lag mit weniger als 6000 Stimmen vor dem republikanischen Amtsinhaber George Allen, weniger als ein halbes Prozent. "Die Stimmen sind ausgezählt, und wir haben gewonnen", erklärte Webb, obwohl die Zählung noch andauerte.

Nach Auszählung von 99 Prozent der Wahlbezirke kam Webb auf 1.151.230 Stimmen oder 49,57 Prozent und Allen auf 1.145.511 oder 49,32 Prozent. Das Endergebnis wurde noch im Laufe des Mittwochs erwartet; wie viele Briefwahlstimmen noch nicht ausgewertet waren, war nicht bekannt.

Keine genauen Regelungen für Nachzählungen

Das Gesetz von Virginia sieht keine automatischen Nachzählungen vor. Falls der Abstand zwischen den Kandidaten jedoch bei einem halben Prozent oder weniger liegt, kann der Zweitplatzierte eine Nachzählung auf Staatskosten beantragen. Wenn der Abstand zwischen einem und einem halben Prozent liegt, kann er ebenfalls einen solchen Antrag stellen, muss dann aber selbst für die Kosten der Nachzählung aufkommen.

Da eine Neuauszählung der Stimmen immer wahrscheinlicher wird, könnte sich die Bekanntgabe des Endergebnisses der Senatswahl nach Angaben des Senders CNN noch mehrere Wochen hinauszögern. Die Neuauszählung würde wegen zahlreicher juristischer Formalien nämlich erst am 27. November beginnen.

Der frühere Gouverneur Allen galt noch vor wenigen Monaten als klarer Favorit und möglicher Anwärter für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2008. Im August sorgte er jedoch landesweit für Empörung, als er einen Mann indischer Abstammung als "Makaken" bezeichnete.

Allen entschuldigte sich später dafür, hatte jedoch zu dem Zeitpunkt schon viele Sympathien eingebüßt, wovon Webb profitierte. Dieser war ursprünglich ebenfalls Republikaner, wechselte jedoch wegen seines Widerstands gegen den Irak-Krieg zu den Demokraten.

Insgesamt standen bei der Kongresswahl alle 435 Sitze, aber nur 33 Senatsplätze zur Wahl. Außerdem wurden 36 Gouverneure gewählt. Auch hier gab es demokratische Zugewinne: Die Demokraten besetzen jetzt 28 der Gouverneursposten, die Republikaner 22 - vorher war es umgekehrt. Der demokratische Generalstaatsanwalt Deval Patrick wurde zum ersten schwarzen Gouverneur im Bundesstaat Massachusetts gewählt. In Kalifornien verteidigte der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger souverän seinen Posten.

Die Wahl wurde von einer Reihe von Zwischenfällen überschattet. Aus zahlreichen US-Staaten wurden Probleme bei der Stimmabgabe gemeldet. Den meisten Ärger bereiteten neue Wahlcomputer mit Berührungsbildschirmen. In vielen Wahllokalen müssten die Bürger lange anstehen und dann dennoch ihre Stimmen auf Papier abgeben.

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