Parteien:Schwarz-Rot: Welche Kompromisse sind denkbar? 

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Berlin (dpa) - Noch ist offen, ob Union und SPD zu einer Koalition zusammenfinden. Ihre Programme sind zwar verschieden, aber kein Hinderungsgrund. Es gibt zahlreiche Punkte, an denen ein Brückenschlag möglich scheint.

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Berlin (dpa) - Noch ist offen, ob Union und SPD zu einer Koalition zusammenfinden. Ihre Programme sind zwar verschieden, aber kein Hinderungsgrund. Es gibt zahlreiche Punkte, an denen ein Brückenschlag möglich scheint.

ARBEIT UND SOZIALES:

Auf diesem Feld sind Kompromisse gut vorstellbar. So soll, wer Zeit seines Lebens immer nur wenig verdient hat, im Rentenalter mindestens 850 Euro monatlich zum Leben haben und nicht zum Sozialamt gehen müssen. Darin sind sich Union und SPD jetzt schon einig - über den Weg dahin freilich noch nicht ganz. Schnell zusammenfinden dürften beide Seiten auch bei Verbesserungen für ältere Mütter in der Rente, bei Einschränkungen zur Missbrauchsbekämpfung in der Leih- und Zeitarbeit sowie bei Werkverträgen. Beim Mindestlohn scheinen die Gräben ebenfalls überwindbar. Sowohl Union wie SPD haben sich Vollbeschäftigung als Ziel auf die Fahnen geschrieben - wobei die Sozialdemokraten aber Wert auf „Vollbeschäftigung in guter Arbeit“ legen. Einig ist man sich auch in der Stärkung der Tarifeinheit nach dem Motto: Ein Unternehmen, ein Tarifvertrag.

ENERGIE: Hier könnten sich Union und SPD wohl einigen - beide wollen eine Kappung der Förderung über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Der Ausbau von Solar- und Windenergie soll stärker an das Tempo beim Netzausbau angepasst werden. Um die Stromkosten der Bürger zu entlasten, will die Union Industrierabatte um 700 Millionen Euro senken, die SPD um 500 Millionen Euro. Die SPD will zudem die Stromsteuer um 0,5 Cent je Kilowattstunde senken. Die Union lehnt dies ab, da mit den Einnahmen die Rentenbeiträge stabilisiert werden. Da gerade im Winter weniger Solarenergie zur Verfügung steht, sind beide Parteien für eine weiterhin starke Rolle von Gas- und Kohlekraftwerken. Da an so vielen Stellschrauben gedreht werden muss, halten beide Parteien diese Koalitionsoption für die beste. Ein Kraftakt dürfte der Neustart bei der Atommüll-Endlagersuche werden.

STEUERN:

Eine stärkere Belastung höherer Einkommen gilt als wahrscheinlich. Die SPD will den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent anheben für zu versteuernde Jahreseinkommen ab 100 000 Euro (Ehepaare: 200 000). Am Ende könnte ein höherer Spitzensatz stehen, der auch früher greift und mehr Top-Einkommen erfasst. Entlastungen könnte es geben, indem die „kalte Progression“ gemildert wird. „Heimliche Steuererhöhungen“ nach Lohnzuwächsen bei gleichzeitig hoher Preissteigerung würden eingedämmt. Bei der geforderten Vermögensteuer dürften CDU/CSU nicht mitziehen. Die von der großen Koalition eingeführten und der SPD kritisierten Privilegien für Firmenerben stehen ohnehin vor Gericht auf dem Prüfstand. Eine von der SPD geforderte stärkere Belastung von Kapitalerträgen könnte kommen, wenn im Kampf gegen Steuerflucht die Abgeltungssteuer fällt. Das Ehegatten-Splitting dürfte im Kern bestehenbleiben, Änderungen und eine stärkere Berücksichtigung von Kindern sind möglich.

GESUNDHEIT:

Union und SPD haben in der bisher letzten großen Koalition trotz großer Unterschiede eine grundlegende Reform zustande gebracht. Sie schafften den Gesundheitsfonds und die unterschiedlichen Beiträge bei den Krankenkassen ab. Es spricht viel dafür, dass sie bei einer Neuauflage von Schwarz-Rot daran festhalten. Doch es würde alles andere als einfach. Denn mittlerweile hat Schwarz-Gelb das System in eine der SPD zuwiderlaufende Richtung weiterentwickelt: Künftige Kostensteigerungen müssen allein die Arbeitnehmer über Zusatzbeiträge und die Steuerzahler tragen, die Arbeitgeber sind außen vor. Das dürfte die SPD ändern wollen. Eine Bürgerversicherung für alle ist mit der Union aber wohl nicht zu machen. Spannend wird sein, wie beide Seiten mit der privaten Krankenversicherung (PKV) umgehen. Im SPD-Modell einer Bürgerversicherung ist für die PKV langfristig kaum Platz. Doch selbst in den Reihen der Union wurde die Zweiteilung der Krankenversicherung schon in Frage gestellt.

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