Parteiausschluss von Wolfgang Clement:Allein gegen vierzehn SPD-Gremien

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Eine Schiedskommission eröffnet in Bochum das Verfahren zum Parteiausschluss des ehemaligen Wirtschaftsministers - 14 Ausschlussanträge liegen bereits vor.

Dirk Graalmann

Der Hauptdarsteller hatte sich entschuldigen lassen. Wolfgang Clement hatte andere Termine, als am Donnerstag in Bochum das Parteiordnungsverfahren gegen ihn mit der Anhörung fortgesetzt wurde. 14 sozialdemokratische Ortsvereine und Unterbezirke von Bochum-Hamme bis Frankfurt hatten das Parteiordnungsverfahren gegen den SPD-Politiker angestrengt.

Das Verhältnis zwischen Wolfgang Clement und der SPD ist zerrüttet. (Foto: Foto: AP)

In nichtöffentlicher Sitzung begründeten die Gliederungen vor der dreiköpfigen Schiedskommission des Bochumer Unterbezirks, dem Clement angehört, ihre Anträge. Es sei "eine einhellige Front für einen Parteiausschluss" gewesen, berichteten Teilnehmer nach der gut zweistündigen Sitzung. Die Kommission hat nun drei Wochen Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. In Parteikreisen wird davon ausgegangen, dass die Bochumer das Verfahren an die Landesschiedskommission in Düsseldorf abgeben werden.

"Kein Jakobinerclub"

Clement wollte am Donnerstag keine Stellungnahme abgeben. Im Kern geht es um einen Kolumne des früheren Bundeswirtschaftsministers in der Welt am Sonntag. Darin hatte der 67-Jährige, eine Woche vor der hessischen Landtagswahl, indirekt von der Wahl der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti abgeraten. Dabei hatte Clement, der als neutrales Aufsichtsratsmitglied bei einem Tochterunternehmen des Kraftwerksbetreibers RWE wirkt, die energiepolitischen Pläne Ypsilantis kritisiert.

In der SPD wird ihm seither ein Verstoß gegen die Parteisolidarität vorgeworfen. Vor allem der SPD-Ortsverein Bochum-Hamme hat sich mit seiner Kritik hervorgetan. Neben Clement geriet auch sein Nachfolger als NRW-Ministerpräsident, Peer Steinbrück, ins Visier der Bochumer Basis. Der Bundesfinanzminister und SPD-Vizechef wurde schriftlich der mangelnden Loyalität gegenüber SPD-Chef Kurt Beck geziehen, verlangt wurde auch, er solle den Beschluss des Parteirats, der die Zusammenarbeit mit der Linkspartei in den Ländern erlaubt, solidarisch mittragen.

In seinem Antwortschreiben vom 13. März, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, stellt Steinbrück seine Haltung zu den Linken klar und betont, dass er dem Beschluss entsprechen werde. Er sei dadurch, so Steinbrück, aber "keineswegs zum Schweigen darüber verpflichtet, ob ich eine Duldung durch die Linken gut oder schlecht finde. Ich fände das aus mehreren Gründen schlecht. So wie viele SPD-Mitglieder und Wähler, wenn die Demoskopie halbwegs stimmt." Zudem echauffiert sich Steinbrück in dem dreiseitigen Schreiben unter dem Briefkopf des SPD-Vorstands über den Umgang mit anderen Meinungen.

Die SPD sei eine demokratische Partie, in der abweichende Meinungen erlaubt seien. Dieses Recht nehme der SPD-Ortsverein in Anspruch, und dies gelte "sogar für stellvertretende Vorsitzende, die sich nicht als fremdgesteuerte Exekutoren von Beschlüssen missverstehen". Steinbrück: "Die SPD ist kein Jakobinerclub, in dem Tribunale abgehalten werden. Und ihr seid keine Jury, die per Daumensenkung über einzelne Genossinnen und Genossen zu entscheiden hat."

Von Larcher muss gehen

Inzwischen hat die SPD den früheren Bundestagsabgeordneten Detlev von Larcher aus der Partei ausgeschlossen. Die Schiedskommission des niedersächsischen SPD-Unterbezirks Diepholz habe ihm den Ausschluss telefonisch mitgeteilt, schrieb Larcher auf seiner Internetseite.

Der Parteilinke, der von 1990 bis 2002 im Bundestag saß, hatte im Januar in einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung zur Wahl der Linken aufgerufen. "Ich bleibe bei meiner Meinung, dass die SPD in den Parlamenten eine linke Konkurrenz braucht, um vom Schröder-Kurs zu lassen", schreibt er. Er kündigt an, den Ausschluss nicht hinzunehmen und beim SPD-Bezirk Hannover Widerspruch einzulegen. Er wolle wissen, "ob die SPD tatsächlich der Meinung ist, kritische Geister wie ich gehörten nicht mehr in die SPD". Die Antwort interessiert auch Wolfgang Clement.

© SZ vom 11.04.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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