Parlamentswahl:Regierungswechsel in Kanada

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Nach mehr als zwölf Jahren liberaler Regierungen sind in Kanada künftig die Konservativen an der Macht. Im Amt des Ministerpräsidenten gibt es auch einen Generationswechsel.

Ministerpräsident Paul Martin (67) räumte in der Nacht zum Dienstag seine Niederlage bei der Parlamentswahl ein und kündigte seinen Rücktritt vom Vorsitz der Liberalen Partei an.

Nach vorläufigen Ergebnissen wurde die Konservative Partei unter dem 46-jährigen Wirtschaftswissenschaftler Stephen Harper stärkste politische Kraft.

Die Konservativen erhalten wohl 122 der 308 Parlamentssitze, das sind 24 mehr als bisher. Die Liberalen stellen nur noch 103 Abgeordnete - 30 weniger als bisher.

Der separatistische Bloc Quebecois erreichte demach 50, die linksgerichtete Neue Demokratische Partei 31 Mandate.

Nach Einschätzung kanadischer Fernsehsender wird Harper eine Minderheitsregierung bilden. Dabei wäre er auf die Unterstützung der linken Opposition angewiesen. Eine Koalitionsregierung galt in der Hauptstadt Ottawa als unwahrscheinlich, weil die Unterschiede zwischen den Parteien sehr groß sind.

Harper will besseres Verhältnis zu den USA

In Ottawa wird erwartet, dass Generalgouverneurin Michaëlle Jean den konservativen Parteichef Harper in ein bis zwei Wochen vereidigen wird. Jean vertritt das Staatsoberhaupt Kanadas, die britische Königin Elizabeth II.

Harper will sich um ein besseres Verhältnis zur US-Regierung von Präsident Bush bemühen will.

Der bisherige Regierungschef Paul Martin hatte sich als entschiedener Kritiker des Irakkrieges und der amerikanischen Klimapolitik profiliert.

Harper dagegen hätte die USA im Irakkrieg gern unterstützt und ist gegen verbindliche Richtwerte bei der Bekämpfung des Treibhauseffekts. Außerdem steht er positiv zum Angebot der USA, Kanada in ihre satellitengestützte Raketenabwehr einzubeziehen. Die von Martin eingeführte Homo-Ehe will Harper wieder abschaffen.

Konservativen-Chef Harper führte einen Wahlkampf, in dem er kaum Fehler machte und sich stärker der Mitte annäherte. Auch in der Provinz Québec kommen die Konservativen ungewohnt gut an: Sie versprechen mehr Geld und mehr Macht für die Provinzen und wollen Québec sogar zu einem eigenen Sitz in internationalen Organisationen verhelfen.

Martins Minderheitsregierung wurde im November vergangenen Jahres in einem Misstrauensvotum gestürzt. Dabei ging es um die Veruntreuung von Millionen an öffentlichen Mitteln durch führende Mitglieder der Liberalen Partei.

Harper hat Steuersenkungen und mehr Autonomie für die 13 Provinzen und Territorien des Landes versprochen. Außerdem will er die Beziehungen zu den USA verbessern, die wegen der Ablehnung des Irak-Kriegs durch die Liberale Partei zuletzt gespannt waren.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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